08 Dezember 2015

Deutschland stimmt gegen Atomwaffenverbot

ICAN-Presseerklärung 08. Dezember 2015

 In der Generalversammlung der Vereinten Nationen wurden heute mit großer Mehrheit vier Resolutionen verabschiedet, die ein Verbot von Atomwaffen vorantreiben sollen. Mit zwei Enthaltungen und zwei Gegenstimmen stellt sich die Bundesregierung gegen den Fortschritt in der nuklearen Abrüstung

Berlin, 8.12.2015 Bereits in der Abstimmung im Ersten Ausschuss der VN-Generalversammlung im November stimmte eine große Mehrheit der Staatengemeinschaft für vier Resolutionen, die den Weg zu einer umfassenden Ächtung von Atomwaffen ebnen können. In der finalen Abstimmung im Plenum der Generalversammlung am 7. Dezember votierten jeweils zwischen 132 und 144 der 193 Mitgliedstaaten für den Start von Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot, die Anerkennung der katastrophalen humanitären Konsequenzen von Kernwaffen sowie für die ethische Verpflichtung, auf deren Abschaffung hinzuwirken.

Ebenso sprachen sich 138 Regierungen für die Einrichtung eines Unterorgans der Generalversammlung aus, das bis September 2016 Empfehlungen erarbeiten soll, wie die oftmals monierte „völkerrechtliche Lücke“ in Bezug auf Atomwaffen geschlossen werden kann. Diese sogenannten Open-ended Working Group (OEWG) erlaubt es allen Staaten, sich abseits prozeduraler Hindernisse über die konkrete rechtliche Umsetzung eines Verbots auszutauschen. Bisher haben derartige Verhandlungen nur unter Konsensregeln stattgefunden – ein Konsens, den die Atomwaffenstaaten stets blockiert haben. Alle anderen Massenvernichtungswaffen unterliegen bereits spezifischen Verboten, etwa der Biowaffen- und Chemiewaffenkonvention.

Die Bundesregierung hat sich bei der Abstimmung über die humanitären Konsequenzen von Atomwaffen (A/RES/70/47) sowie über die Einrichtung der OEWG als Unterorgan der Generalversammlung (A/RES/70/33) enthalten. Bei einer Resolution, die lediglich die ethische Verpflichtung zur Abschaffung von Atomwaffen beschreibt (A/RES/70/50), stimmte Deutschland gar mit Nein. Ebenso stemmt sich Deutschland gegen die von Österreich eingebrachte Resolution (A/RES/70/48), die eine Ächtung von Atomwaffen fordert.

Die überwältigende Mehrheit der Staatengemeinschaft stimmte für diese Resolutionen. Deutschland befindet sich damit deutlich in der Minderheit. Gemeinsam mit den nuklear bewaffneten Staaten, welche ebenfalls gegen die Resolutionen gestimmt haben – und damit versuchen, ein Atomwaffenverbot zu verhindern. Noch 2012 hatte Deutschland für den Vorläufer der diesjährigen OEWG gestimmt, zu deren Sitzungen Deutschland 2013 konstruktiv beitrug.

Die Enthaltung sende das falsche Signal, wie ICAN-Vorstandsmitglied Leo Hoffmann-Axthelm hervorhebt: „Die Enthaltungen verdeutlichen den Unwillen der Bundesregierung, konstruktiv zur nuklearen Abrüstung beizutragen“. Obwohl die Bundesbürger nach Umfragen Atomwaffen entschieden ablehnen, behindert die Regierung auf internationaler Ebene deren Verbot. Deutschland setzt stattdessen weiterhin auf Verhandlungsformate, in denen die Atomwaffenstaaten ein Vetorecht haben und wie bisher jeden Fortschritt verhindern können. So untergräbt die Bundesregierung auch die Glaubwürdigkeit ihrer Abrüstungspolitik.

Dazu Leo Hoffmann-Axthelm: „Deutschland solidarisiert sich mit den Atomwaffenstaaten, anstatt gemeinsam mit der großen Mehrheit der Staatengemeinschaft für eine Ächtung der letzten Massenvernichtungswaffe einzutreten“.

Quelle >> http://www.icanw.de/pressemeldungen/deutschland-stimmt-gegen-atomwaffenverbot/ 

18 November 2015

Vom Völkerstreit zum Völkerrechtsstreit

Ich hatte in einer Syrien-Debatte kritisiert, dass Berlin, Moskau, Washington usw. Konfliktparteien durch Waffenlieferungen und militärisch unterstützen, wenn diese Konfliktparteien Teil des Problems und nicht Teil der Lösung sind.
Stattdessen bedürfe es einer vom Weltsicherheitsrat koordinierten Intervention zur gebietsweisen Entwaffnung der Konfliktparteien.

Knallköppe neigen dazu, hinter jeder Infragestellung der aktuellen Ballerei einen auf das Ewige Leben fokussierten Jesus zu wittern & fragten, ob sich die Kurden vom IS die Köpfe beim gemeinsamen Teetrinken und diplomatischen Diskurs die Köpfe abschneiden lassen sollen.

Andre & Maximilian sollten ihre Köpfchen mal einschalten, bevor sie posten, denn ausnahmsweise war Diplomatie nicht thematisiert.

@Andre. wenn aus Völkerstreit ein Völkerrechtsstreit wird, wie es die UNO-Charta vorschreibt & der Weltsicherheitsrat umzusetzen verpflichtet ist, dann haben die Streitparteien gewöhnlich keine Waffen dabei, sondern stehen eher den Bewaffneten des Gerichts gegenüber. - Und den "Tee" gibt es dann für einige womöglich erst in Gefängnissen.

Nun könnte der Einwand lauten, dass sich die Vetomächte gegenseitig blockieren.

Okay, das dürfen sie auch, denn das ist Zweck des Vetorechts, allerdings nicht zum Missbrauch, wie es häufig aus Gründen der Rivalität geschieht. Die Vetomächte sind laut UNO-Charta privilegiert (Ständiger Sitz, Einspruchsrechte ggü. Vollversammlung, ...).

Aus diesem Privileg erwächst den Vetomächten ausdrücklich die Pflicht zur Überwindung gegenseitiger Rivalitäten, sofern dadurch regelungsbedürftige Konflikte betroffen wären.

Das Veto hat in völkerrechtlicher Betrachtung also bloß aufschiebende Funktion zur Findung von Kompromissen.

Schon diese Eigentlichkeit des Vetorechts wird von unseren Regierungen wenig bzw. überhaupt nicht kommuniziert - und zwar aus Rücksicht ggü. Verbündeten, die völkerrechtliche Lösungen nicht wünschen, weil sie noch immer zu sehr darauf setzen, mit eigener & militärischer Überlegenheit weiter zu kommen als des die rivalisierenden Vetomächte wünschen.

Folglich machen es die Rivalen ebenso & jeder redet sich mit dem Missbrauch der anderen Seite heraus.

Nun wäre es an Andre & Maximilian, solch Treiben zumindest zu kritisieren, denn es ist ursächlich dafür, dass viele regionale Konflikte eskalieren, indem sich Elemente von Stellvertreterkriegen hinzu mischen.
Im Falle Syriens sollte Kompromissfindung leichterfallen als im Falle des Ukraine-Konflikts. Aber auch in Syrien geht es um Rivalitäten der Vetomächte, wenn bspw. Folge dortigen Bürgerkriegs wäre, dass Moskau an Einfluss in der Region, Militärstützpunkten und Waffenabsatzmarkt an Boden verliert.

Nun bin ich kein Freund von "Supermächten", denn solch Status verletzt den Gleichheitsanspruch der Völker, aber es ist alternativlos, ihrem Status Rechnung zu tragen und zwar in der Weise, dass sie nicht zu sehr gegeneinander geraten, also zu Kompromissen gemahnt werden. Geschieht das nicht rechtzeitig (für viele Menschen ohnehin zu spät), so geschieht es ohnehin dann, wenn die angeblich "unversöhnlichen" Weltrivalen ihre regionalen Stellvertreter-Rivalen so groß gezüchtet haben, dass diese ihnen selbst zu einer tatsächlich ernsten Gefahr werden.
Die Geschichte hat dafür unzählige Beispiele. Man muss sie nur kennen & aus ihr logische Schlüsse zu ziehen üben.

Also, nun meckert mal nicht weiter an meinem Eingangsposting herum.

05 Oktober 2015

Kundus - es war kein "Kollateralschaden"

Die Toten des US-Angriffs auf die Klinik in Kundus sind kein "Kollateralschaden", sondern Opfer einer verbrecherischen Kriegsführungsart, der "dead or alive" im Hinblick auf den Feind zu gleichgültig ist - wie beim deutsch-us-amerikanischen Bombardement auf die Tanklastkraftwagen mit vielen zivilen Opfern.

PRINZIPIELL (nach dt. Recht und Völkerrecht) darf das Leben des Feindes nicht weniger wert als das eigene Leben sein.

Schwierig, aber darum dürfen wir nicht bomben, bomben und bomben, als sei uns Frieden nur noch mit Toten zu machen.

07 Mai 2015

Kriegsdienstverweigerung als Menschenrecht und Völkerrecht

Prinzipienlose Menschen tun sich leicht, in ihnen beliebigen Angelegenheiten aus dem Bauch heraus oder schönrednerischer "aus dem Herzen" zwischen Richtig und Falsch zu unterscheiden. Diese Prinzipienlosigkeit in wichtigsten Fragen macht uns wenig verlässlich und zum Spielball von Machtpolitikern in gemeinsamer Geschichte.

Die persönliche Haltung zum Kriegsdienstverweigerungsrecht ist eine solche Frage, der sich viele Menschen unzureichend stellen, sondern die Antwort dem Schicksal überlassen, von dem sie letztlich gewiss auch abhängig sein würde = von den Möglichkeiten, den Krieg zu überstehen, ob als Soldat oder Verweigerer, als Flüchtling oder versteckt.

Trotzdem ist diese Frage wichtig, denn die Antwort hat Kontext in unserem Denken über den Umgang mit den militärischen Konflikten dieser Welt und den Flüchtlingen, hat Kontext mit Beistandspflichten, Interventionspflichten im völkerrechtlichen Maßstab - den Zielvorstellungen einer zivilisierteren Welt mit organisatorischen Konsequenzen.

Zwar lassen sich Situationen vorstellen, in denen wünschenswert wäre, dass sich jeder zur Gewalt berufen fühlen sollte - vergleichbar der gesetzlichen Pflicht zur Hilfeleistung, aber beschauen wir uns den § 323c StGB näher, so räumt er dem Hilfspflichtigen immerhin ein, dass die Zumutbarkeit ihre Grenzen dort hat, wo die erhebliche Selbstgefährdung beginnt (oder andere Rechtsgüter konkurrieren).

Also bekennt sich unser Strafrecht dazu, dass in Friedenszeiten, in denen Anstand und Vernunft Dominanz gegenüber Gewalt und Hinterhalt haben sollen, niemand ein Helfer oder gar Held sein muss - und etwaiges Versagen auch nur moderat bestraft werden darf, "bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe".

Das ist richtig so, denn die Wertung lautet im Unterschied zum grundgesetzlichen Kriegsdienstverweigerungsrecht, dass es keine Gewissensgründe sein müssen, die ohnehin niemals erwiesen oder widerlegt werden können, sondern jegliches Motiv genügt, um sich dem Risiko zu entziehen.

Festzuhalten: "Auch Feigheit ist ein Menschenrecht", wenngleich moderat zu bestrafen, falls nonkonform zum Gemeinsinn. Solch (Zwischen-)Ergebnis deckt sich mit grundlegenderen (humanistischen) Wertungen, bspw. der Rücksichtsnahmepflicht jeglich Zivilisiertem gegenüber (etwaig) Schwachen.
Nicht dem Schwachen, nicht dem Feigen ist strengeres Recht zu machen, sondern eher den Stärkeren und Mutigeren.

Weiteres (Zwischen-)Ergebnis, denn es kommt darauf an, dass die menschenrechtlichen Wertungen auch völkerrechtliche Wertungen werden, denn wir dürfen uns nicht den Trugschluss einreden lassen, dass in den weltpolitischen Dimensionen anderes gelten dürfe als sich innergesellschaftlich bewährt hat.

Darum : "Jeder Staat soll von Fall zu Fall entscheiden dürfen, ob er Kriegsdienstverpflichtungen seitens der Vereinten Nationen folgen mag und hat allenfalls politische und wirtschaftliche Konsequenzen zu fürchten, aber das jederzeitige Recht zur nationalen Kriegsdienstverweigerung soll jedem Staat gewährt sein, wie es jedem einzelnen Menschen ebenfalls zu gewähren ist."

Aktueller Hintergrund

Handelsblatt: "Allein in Kiew entziehen sich 95 Prozent der Wehrfähigen dem Militärdienst."

http://www.handelsblatt.com/politik/international/militaerdienstverweigerer-in-der-ukraine-alles-nur-nicht-in-die-armee/11695580.html

30 April 2015

125 Staaten für TOTALE ATOMARE ABRÜSTUNG

Während unsere Medien seit Wochen ausgiebig das G3-Sturmgewehr in den Schlagzeilen haben, bleibt nahezu unerwähnt, dass in New York die neunte Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags einen furiosen Auftakt verzeichnete, denn 125 Staaten fordern totale nukleare Abrüstung, wie sie in Artikel 6 des Vertrages von den Atommächten als Gegenleistung zum Atomwaffenverzicht zugesichert war.
Erfreulich, dass die Erfüllung dieses Versprechens nun von so vielen Staaten verlangt wird.
Bedauerlich, dass so wenig darüber berichtet wird. Nur in der Frankfurter Rundschau fand sich etwas, aber ausgerechnet nicht die wichtige Information, ob auch Deutschland zu den 125 Staaten zählt.
Immerhin hatten die Koalitionsfraktionen am 24.04.2015 die Bundesregierung aufgefordert, sich in selbiger Richtung stark zu machen. Eigentlich sollte davon ausgegangen werden können, dass das auch passiert ist.
Wir fragten die Bundesregierung und sind auf die Antwort gespannt.

03 April 2015

Kommentar zum Iran-Abkommen

Wir kennen vom Abkommen fast nüscht, aber ich begrüße es trotzdem, weil es mehr Kontrolle zu bringen verspricht als es die jahrzehntelange Drohpolitik zu leisten vermochte.
Aber das Abkommen bleibt weit hinter friedenswissenschaftlichen Erkenntnissen und politischen Möglichkeiten zurück:

1. Steinmeier hätte dem Iran Gas-Kraftwerke, Windkraftwerke, Solarkraftwerke anbieten können, aber er macht wie Fischer und Westerwelle den Quatsch mit, dass der Iran (Erdbebenregion) auf die "friedliche Nutzung der Atomenergie" setzt. Deutsche Außenpolitik mal wieder nicht besser als die us-amerikanische und französische. Obgleich wir die "Energiewende" beschlossen haben.

2. Außerdem hätte Steinmeier in den Iran-Verhandlungen deutlich machen müssen, dass auch die anderen Atommächte gemäß Artikel 6 Atomwaffensperrvertrag zur VOLLSTÄNDIGEN Abrüstung ihrer Atomwaffenarsenale verpflichtet sind. Auch diesem "bösen Iran" wäre diese Abrüstungsversprechen zu machen gewesen, denn das Völkerrecht unterscheidet nicht zwischen "guten" und "bösen" Atomwaffen.

3. Außerdem hätte Steinmeier darauf hinwirken müssen, dass die Friedenspolitik der Zukunft nur funktionieren kann, wenn die Vereinten Nationen das Globale Gewaltmonopol erhalten, denn ohne Gewaltmonopol wird die Selbstjustiz rivalisierender Allianzen, Staaten und Horden weiterhin das internationale Geschehen bestimmen.

- Markus S. Rabanus -

18 Februar 2015

Ukraine-Krieg anders stoppen

Trotz "Minsk2" geht der Krieg in der Ost-Ukraine weiter. - Grund sei unterschiedliche Interpretierbarkeit des Abkommens, aber solche Ausreden sind keine Rechtfertigungsgründe.

Zur Lesart von Verträgen: Wenn "Waffenstillstand" drüber steht und verkündet wird, dann ist alles, was zwischen den Zeilen und an Kleingedrucktem steht, entweder im Sinne des Titels auszulegen oder irrelevant.
Weichen rechtliche und politische Lesarten von solch Prinzip ab, so sind solche Lesarten unmoralisch und nicht legitim.
Verabredet war u.a. immerhin, dass es zu demokratischen Gebietsentscheidungen kommen solle. Stattdessen wird weiterhin versucht, Gebietsentscheidungen militärisch herbeizuführen. Das steht im eklatanten Widerspruch zum Abkommen.
Hinsichtlich der Schuldfrage lassen sich keine Unterschiede zwischen den Kriegsparteien erkennen - und die Beobachtungsinstanzen sind zu unvorbereitet oder gar ungeeignet in dieses Abkommen gegangen, denn nicht hinreichend neutral.
OSZE, Beobachter aus Russland und NATO-Staaten dürfen zwar "beobachten", aber sind zu sehr in diesem Streit involviert, um verlässliche Aussagen zu treffen.

Die Vetomächte des Weltsicherheitsrat wären verpflichtet gewesen - und sind es weiterhin, sich auf geeignetere Beobachtungsinstanzen zu verständigen und diese auch gegen den Willen der unmittelbaren Konfliktparteien durchzusetzen.
Überdies hätte es UN-Streitkräfte zur Überwachung des Abkommens bedurft, die militärischen Abkommensverletzern erforderlichenfalls militärisch Einhalt gebieten können.

All das ist nicht, so dass der Konflikt weiterhin der Selbstjustiz nicht annähernd verlässlicher Streitparteien belassen wurde.

"Das Wiederaufflammen des Krieges war absehbar." - Stimmt, aber das ist kein Automatismus und überhaupt kein Grund, die Konfliktparteien aus der Erwartung i.S.v. Forderung zu entlassen, den vereinbarten Waffenstillstand einzuhalten.
Darum muss der Weltsicherheitsrat den Führern der Kriegsfortsetzung mit lebenslanger Haft drohen, so dass sie wissen, dass es wenigstens für sie persönlich militärisch nichts zu gewinnen gibt.

Ob Poroschenko oder Separatistenführer - allen muss verboten werden, auch nur irgendwie der weiteren Selbstjustiz das Wort zu reden, einschließlich der Floskeln "zulässiger Selbstverteidigung", denn das Recht zur Selbstverteidigung taugt nicht zur Beilegung des militärischen Konflikts.