"Können Staaten, die nicht über Atomwaffen verfügen, einen eigenständigen Beitrag zur atomaren Abrüstung leisten?"
Wissenschaftler des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit (BITS) haben diese Frage mit einem klaren "Ja" beantwortet und im Hinblick auf die Tagung des NATO-Rates am 14. und 15. Dezember in Brüssel einen konkreten, neuen Vorschlag unterbreitet: "Sechs Staaten der NATO, die selber keine Atomwaffen besitzen, halten sich immer noch bereit, im Kriegsfall amerikanische Nuklearwaffen einzusetzen, darunter Deutschland", beschreibt Markus Nitschke, einer der Autoren, die aktuelle Situation. "In Deutschland liegen bis zu 65 nukleare Bomben vom Typ B-61 Modell 10. Bis zu 10 Waffen liegen in Büchel für den Einsatz durch die Bundesluftwaffe bereit." Die Berliner Wissenschaftler schlagen vor, daß die nicht-nuklearen NATO-Staaten sich bereit erklären, die Fähigkeit aufzugeben, Nuklearwaffen einsetzen zu können.
"Ein solcher Schritt wäre ein ungemein wichtiges Signal", meint Otfried Nassauer, Leiter des BITS. "Er würde verdeutlichen, daß Nuklearwaffen für Stabilität und Sicherheit an Bedeutung verlieren. Er wäre ein äußerst positives Signal für die amerikanisch-russischen Verhandlungen über die nächsten Schritte nuklearer Abrüstung, und er würde vor allem auch der Stärkung des nuklearen Nichtverbreitungsregimes dienen."
In ihrer Untersuchung kommen die Forscher zu dem Schluß, daß alle traditionellen Begründungen der NATO dafür, daß nicht-nukleare Staaten Nuklearwaffen einsetzen können sollten, durch die politische Entwicklung gerade auch in der NATO mittlerweile längst überholt sind. "Wir wissen, daß wir ein Tabu-Thema anfassen", sagt Otfried Nassauer, "aber auch Tabus haben eine begrenzte Lebenszeit."
Der NATO-Rat wird auf seiner Sitzung Ende dieser Woche unter anderem einen Zwischenbericht zu den Perspektiven und künftigen Optionen nuklearer Abrüstung diskutieren und verabschieden. Das Dokument gilt als wichtiges Signal im Blick auf die im kommenden Jahr anstehende Überprüfung der Nuklearpolitik der USA durch den nächsten Präsidenten.
Den vollständigen Text der "Policy Note" des Berliner Informationszentrums schicken wir Ihnen gerne zu. Sie können ihn aber auch hier einsehen.
Für Nachfragen stehen die Autoren, Otfried.Nassauer und Markus.Nitschke, Ihnen gerne zur Verfügung >> bits.de
12 Dezember 2000
07 Juli 2000
BITS: Raketenabwehrtest ein teures und sinnloses Schauspiel
Es ist der Traum eines jeden Wissenschaftlers: Er darf für ein 30-minütiges Experiment 100 Millionen U.S.-Dollar ausgeben und muß sich nicht vor einem Scheitern fürchten, weil er die Kriterien für Erfolg oder Mißerfolg nach Ablauf des Experiments selbst definieren kann. Nach dieser Methode geht jedenfalls das U.S.-Verteidigungsministerium beim dritten Test ihres Nationalen Raketenabwehrsystems (NMD) am morgigen Freitag vor. Denise Groves stellt in der neuesten Policy Note des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit fest: "100 Milllionen Dollar werden für einen manipulierten Test verschwendet, dessen Ausgang keinerlei Einfluß auf die Entscheidung zur Errichtung von NMD hat. Die Entscheidung mit dem Bau zu beginnen, ist längst gefallen."
Das Pentagon will die Ergebnisse des Tests für seine "Deployment Readiness Review" auswerten und auf dieser Basis dem amerkanischen Präsidenten eine Empfehlung geben, ob mit dem Bau eines Raketenabwehrsystems begonnen werden soll oder nicht. Der Test, bei dem das System eine Rakete im Weltraum außerhalb der Erdatmosphäre zerstören soll, ist jedoch aus mehreren Gründen problematisch. Zum Beispiel kommt der gestellte Raketenangriff für die Militärs in der Kommandozentrale des Abwehrsystems nicht überraschend. Sie sind genau über den Zeitpunkt, den Ort und die Art des Angriffs informiert. Sie wissen außerdem genau, wie die Attrappe aussieht, die im Ernstfall des Abwehrsystem vom eigentlichen Sprengkopf ablenken soll. Zusätzlich ist der Sprengkopf mit einer Art Funkleuchtfeuer ausgestattet, das dem Radarwarnsystem das Aufspüren erleichtert. Schlließlich wird nicht die Technologie getestet, die später im Raketenabwehrsystem zum Einsatz kommen sollen, sondern ein Ersatzsystem.
Offensichtlich ist die völlig unwissenschaftliche Durchführung des Experiments jedoch ohne Bedeutung. Das Pentagon sagt bereits jetzt, daß selbst wenn das Abwehrsystem die angreifende Rakete verfehlt, die Empfehlung zum Bau von NMD positiv ausfallen könnte. Politiker der beiden großen amerikanischen Parteien und auch die beiden Präsidentschaftskandidaten sind sich grundsätzlich darüber einig, daß das Raketenabwehrsystem bis zum Jahr 2005 fertiggestellt sein soll. Präsident Clinton läßt bereits juristisch prüfen, ob es gegen den ABM-Vertrag verstoßen würde, im kommenden Jahr mit dem Bau des Fundaments für eine Radaranlage in Alaska zu beginnen. Aufgrund dieser Fakten ist der Bau des Raketenabwehrsystems so gut wie beschlossen. Otfried Nassauer, Direktor des BITS, charakterisiert den Test vom morgigen Freitag so: "Das ist ein extrem teures, genau durchchoreographiertes und völlig sinnloses Schauspiel."
Pressekontakt
Das Pentagon will die Ergebnisse des Tests für seine "Deployment Readiness Review" auswerten und auf dieser Basis dem amerkanischen Präsidenten eine Empfehlung geben, ob mit dem Bau eines Raketenabwehrsystems begonnen werden soll oder nicht. Der Test, bei dem das System eine Rakete im Weltraum außerhalb der Erdatmosphäre zerstören soll, ist jedoch aus mehreren Gründen problematisch. Zum Beispiel kommt der gestellte Raketenangriff für die Militärs in der Kommandozentrale des Abwehrsystems nicht überraschend. Sie sind genau über den Zeitpunkt, den Ort und die Art des Angriffs informiert. Sie wissen außerdem genau, wie die Attrappe aussieht, die im Ernstfall des Abwehrsystem vom eigentlichen Sprengkopf ablenken soll. Zusätzlich ist der Sprengkopf mit einer Art Funkleuchtfeuer ausgestattet, das dem Radarwarnsystem das Aufspüren erleichtert. Schlließlich wird nicht die Technologie getestet, die später im Raketenabwehrsystem zum Einsatz kommen sollen, sondern ein Ersatzsystem.
Offensichtlich ist die völlig unwissenschaftliche Durchführung des Experiments jedoch ohne Bedeutung. Das Pentagon sagt bereits jetzt, daß selbst wenn das Abwehrsystem die angreifende Rakete verfehlt, die Empfehlung zum Bau von NMD positiv ausfallen könnte. Politiker der beiden großen amerikanischen Parteien und auch die beiden Präsidentschaftskandidaten sind sich grundsätzlich darüber einig, daß das Raketenabwehrsystem bis zum Jahr 2005 fertiggestellt sein soll. Präsident Clinton läßt bereits juristisch prüfen, ob es gegen den ABM-Vertrag verstoßen würde, im kommenden Jahr mit dem Bau des Fundaments für eine Radaranlage in Alaska zu beginnen. Aufgrund dieser Fakten ist der Bau des Raketenabwehrsystems so gut wie beschlossen. Otfried Nassauer, Direktor des BITS, charakterisiert den Test vom morgigen Freitag so: "Das ist ein extrem teures, genau durchchoreographiertes und völlig sinnloses Schauspiel."
01 Juni 2000
Projektbeschreibung
www.friedensforschung.de ist ein Projekt der www.initiative-dialog.de und diese ist wiederum ein Projekt des www.rabanus-verlag.de.
Das Stichwortverzeichnis findet sich unter www.inidia.de/frieden.htm und wird mit dem Blog www.friedensforschung.de um ein Journal ergänzt.
Das Stichwortverzeichnis findet sich unter www.inidia.de/frieden.htm und wird mit dem Blog www.friedensforschung.de um ein Journal ergänzt.
03 Mai 2000
BITS kritisiert die neue NATO-Strategie
NATO: Neue Militärstrategie als Sperrfeuer gegen nukleare Rüstungskontrolle
Die NATO treibt umstrittene Pläne voran, die Rolle nuklearer Waffen in ihrer Strategie auszuweiten. Das berichtet der Zürcher Tagesanzeiger. Oberst Frank Salis, der Sprecher des NATO-Militärausschusses bestätigt, daß der Ständige NATO-Rat noch vor dem 9. Mai eine neue Militärstrategie für die Allianz (MC 400/2) verabschieden soll. Diese sieht vor, daß Atomwaffen nicht nur gegen nuklear bewaffnete Gegner, sondern auch gegen Besitzer von chemischen und biologischen Waffen eingesetzt werden können.
Dies bestätigt Recherchen, die das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS) und das British American Security Information Council (BASIC) im März in einer Studie mit dem Titel Questions of Command and Control: NATO, Nuclear Sharing and the NPT erstmals veröffentlichten.
Oberst Salis sagte dem Tagesanzeiger unter anderem, die Allianz brauche „gegen alle Formen von möglichen Angriffen gleichwertige Mittel zur Abschreckung sowie zur Verteidigung." Er fügte hinzu: „Weil die NATO über keine B- und C-Waffen verfügt, bleibt uns nur die Drohung mit der Atomwaffe."
„Diese Ausweitung der Rolle von Nuklearwaffen ist eine ernste Gefahr für die Zukunft des Atomwaffensperrvertrages und entzieht der laufenden Überprüfung der Rüstungskontroll- und Nichtverbreitungspolitik der NATO die Grundlage", kritisiert Otfried Nassauer, Leiter des BITS. „Die Allianz sollte die Abstimmung über MC400/2 zumindest aufschieben, bis die NATO ihre Rüstungskontrollpolitik abschließend überarbeitet hat. Anderenfalls könnte die neue Militärstrategie diesen Prozess blockieren."
Der Überprüfungsprozess der Rüstungskontrollpolitik der NATO wurde auf Druck Deutschlands und Kanadas während des NATO-Gipfels in Washington im April 1999 vereinbart. In diesem Kontext soll unter anderem geprüft werden, ob die NATO künftig auf den Ersteinsatz nuklearer Waffen verzichten kann. Ein solcher Verzicht wird unmöglich, wenn nukleare Waffen auch zur Abschreckung gegen biologisch oder chemisch bewaffnete Gegner dienen sollen. Diese besitzen meist keine Atomwaffen.
„Wie kann die Welt das Engagement der USA für die Abrüstung ernst nehmen, wenn die Vereinigten Staaten und ihre NATO-Partner gleichzeitig neue Einsatzmöglichkeiten für Nuklearwaffen suchen und finden? Je mehr Aufgaben die NATO für Nuklearwaffen findet, desto mehr provoziert sie deren Proliferation durch andere Länder", meint Daniel Plesch, Direktor von BASIC.
Dieser Schritt der NATO wird die Glaubwürdigkeit der negativen Sicherheitsgarantien der Kernwaffenstaaten verringern, erklärt Tom McDonald, wissenschaftlicher Mitarbeiter von BASIC. Mit diesen Garantien versprechen die Kernwaffenstaaten, keine Staaten mit Atomwaffen zu bedrohen, die nicht im Bündnis mit einem atomar bewaffneten Staat angreifen: „Die geplante Änderung der Nuklearpolitik der NATO impliziert, daß die Kernwaffenstaaten der NATO sich das Recht vorbehalten, Atomwaffen auch gegen Staaten einzusetzen, die vertraglich auf den Besitz von Nuklearwaffen verzichtet haben", so McDonald.
Für aktuelle Informationen zur Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages und zur NATO-Nuklearpolitik stehen Otfried Nassauer Tel. 030-446858-0, Daniel Plesch Tel. 001-202-997-1562 und Tom McDonald 001-202-487-4386 zur Verfügung. Die Studie Questions of Command and Control kann auf der Website www.basicint.org abgerufen werden.
Die NATO treibt umstrittene Pläne voran, die Rolle nuklearer Waffen in ihrer Strategie auszuweiten. Das berichtet der Zürcher Tagesanzeiger. Oberst Frank Salis, der Sprecher des NATO-Militärausschusses bestätigt, daß der Ständige NATO-Rat noch vor dem 9. Mai eine neue Militärstrategie für die Allianz (MC 400/2) verabschieden soll. Diese sieht vor, daß Atomwaffen nicht nur gegen nuklear bewaffnete Gegner, sondern auch gegen Besitzer von chemischen und biologischen Waffen eingesetzt werden können.
Dies bestätigt Recherchen, die das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS) und das British American Security Information Council (BASIC) im März in einer Studie mit dem Titel Questions of Command and Control: NATO, Nuclear Sharing and the NPT erstmals veröffentlichten.
Oberst Salis sagte dem Tagesanzeiger unter anderem, die Allianz brauche „gegen alle Formen von möglichen Angriffen gleichwertige Mittel zur Abschreckung sowie zur Verteidigung." Er fügte hinzu: „Weil die NATO über keine B- und C-Waffen verfügt, bleibt uns nur die Drohung mit der Atomwaffe."
„Diese Ausweitung der Rolle von Nuklearwaffen ist eine ernste Gefahr für die Zukunft des Atomwaffensperrvertrages und entzieht der laufenden Überprüfung der Rüstungskontroll- und Nichtverbreitungspolitik der NATO die Grundlage", kritisiert Otfried Nassauer, Leiter des BITS. „Die Allianz sollte die Abstimmung über MC400/2 zumindest aufschieben, bis die NATO ihre Rüstungskontrollpolitik abschließend überarbeitet hat. Anderenfalls könnte die neue Militärstrategie diesen Prozess blockieren."
Der Überprüfungsprozess der Rüstungskontrollpolitik der NATO wurde auf Druck Deutschlands und Kanadas während des NATO-Gipfels in Washington im April 1999 vereinbart. In diesem Kontext soll unter anderem geprüft werden, ob die NATO künftig auf den Ersteinsatz nuklearer Waffen verzichten kann. Ein solcher Verzicht wird unmöglich, wenn nukleare Waffen auch zur Abschreckung gegen biologisch oder chemisch bewaffnete Gegner dienen sollen. Diese besitzen meist keine Atomwaffen.
„Wie kann die Welt das Engagement der USA für die Abrüstung ernst nehmen, wenn die Vereinigten Staaten und ihre NATO-Partner gleichzeitig neue Einsatzmöglichkeiten für Nuklearwaffen suchen und finden? Je mehr Aufgaben die NATO für Nuklearwaffen findet, desto mehr provoziert sie deren Proliferation durch andere Länder", meint Daniel Plesch, Direktor von BASIC.
Dieser Schritt der NATO wird die Glaubwürdigkeit der negativen Sicherheitsgarantien der Kernwaffenstaaten verringern, erklärt Tom McDonald, wissenschaftlicher Mitarbeiter von BASIC. Mit diesen Garantien versprechen die Kernwaffenstaaten, keine Staaten mit Atomwaffen zu bedrohen, die nicht im Bündnis mit einem atomar bewaffneten Staat angreifen: „Die geplante Änderung der Nuklearpolitik der NATO impliziert, daß die Kernwaffenstaaten der NATO sich das Recht vorbehalten, Atomwaffen auch gegen Staaten einzusetzen, die vertraglich auf den Besitz von Nuklearwaffen verzichtet haben", so McDonald.
Für aktuelle Informationen zur Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages und zur NATO-Nuklearpolitik stehen Otfried Nassauer Tel. 030-446858-0, Daniel Plesch Tel. 001-202-997-1562 und Tom McDonald 001-202-487-4386 zur Verfügung. Die Studie Questions of Command and Control kann auf der Website www.basicint.org abgerufen werden.
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