07 Juli 2000

BITS: Raketenabwehrtest ein teures und sinnloses Schauspiel

Es ist der Traum eines jeden Wissenschaftlers: Er darf für ein 30-minütiges Experiment 100 Millionen U.S.-Dollar ausgeben und muß sich nicht vor einem Scheitern fürchten, weil er die Kriterien für Erfolg oder Mißerfolg nach Ablauf des Experiments selbst definieren kann. Nach dieser Methode geht jedenfalls das U.S.-Verteidigungsministerium beim dritten Test ihres Nationalen Raketenabwehrsystems (NMD) am morgigen Freitag vor. Denise Groves stellt in der neuesten Policy Note des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit fest: "100 Milllionen Dollar werden für einen manipulierten Test verschwendet, dessen Ausgang keinerlei Einfluß auf die Entscheidung zur Errichtung von NMD hat. Die Entscheidung mit dem Bau zu beginnen, ist längst gefallen."

Das Pentagon will die Ergebnisse des Tests für seine "Deployment Readiness Review" auswerten und auf dieser Basis dem amerkanischen Präsidenten eine Empfehlung geben, ob mit dem Bau eines Raketenabwehrsystems begonnen werden soll oder nicht. Der Test, bei dem das System eine Rakete im Weltraum außerhalb der Erdatmosphäre zerstören soll, ist jedoch aus mehreren Gründen problematisch. Zum Beispiel kommt der gestellte Raketenangriff für die Militärs in der Kommandozentrale des Abwehrsystems nicht überraschend. Sie sind genau über den Zeitpunkt, den Ort und die Art des Angriffs informiert. Sie wissen außerdem genau, wie die Attrappe aussieht, die im Ernstfall des Abwehrsystem vom eigentlichen Sprengkopf ablenken soll. Zusätzlich ist der Sprengkopf mit einer Art Funkleuchtfeuer ausgestattet, das dem Radarwarnsystem das Aufspüren erleichtert. Schlließlich wird nicht die Technologie getestet, die später im Raketenabwehrsystem zum Einsatz kommen sollen, sondern ein Ersatzsystem.

Offensichtlich ist die völlig unwissenschaftliche Durchführung des Experiments jedoch ohne Bedeutung. Das Pentagon sagt bereits jetzt, daß selbst wenn das Abwehrsystem die angreifende Rakete verfehlt, die Empfehlung zum Bau von NMD positiv ausfallen könnte. Politiker der beiden großen amerikanischen Parteien und auch die beiden Präsidentschaftskandidaten sind sich grundsätzlich darüber einig, daß das Raketenabwehrsystem bis zum Jahr 2005 fertiggestellt sein soll. Präsident Clinton läßt bereits juristisch prüfen, ob es gegen den ABM-Vertrag verstoßen würde, im kommenden Jahr mit dem Bau des Fundaments für eine Radaranlage in Alaska zu beginnen. Aufgrund dieser Fakten ist der Bau des Raketenabwehrsystems so gut wie beschlossen. Otfried Nassauer, Direktor des BITS, charakterisiert den Test vom morgigen Freitag so: "Das ist ein extrem teures, genau durchchoreographiertes und völlig sinnloses Schauspiel."

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