30 Juni 2008

Kritik an Herfried Münklers Atomwaffen-Thesen

Unter dem Titel "Atomwaffen schrecken Dschihadisten ab" veröffentlichte "SPIEGEL-Online" (25.06.08) ein Interview mit dem an der Humboldt-Universität Berlin Geschichte lehrenden Prof. Herfried Münkler. Das Interview enthält unter anderem und kurzgefasst folgende Thesen:

1. Eine atomwaffenfreie Welt, wie sie von Obama, McCain überlegt und von den früheren US-Ministern Henry Kissinger oder George Shultz gefordert wird, hält Münklers für "realpolitisch ganz unwahrscheinlich", da die Furcht der Atommächte zu groß sei, eine von ihnen werde sich heimlich nicht daran halten und werde dann "Herr der Welt".

Kissinger, Shultz, McCain, Obama keine Realpolitiker? Herrn Münkler mag das so scheinen, aber "realpolitischer" ist die Vermutung, dass wenn ein Atomwaffenverzichtsvertrag auf den Weg kommt, dann nur einschließlich wirksamer Kontrollmechanismen.

2. Eine atomwaffenfreie Welt sei auch deshalb unrealistisch, weil es eine Vielzahl von Staaten gebe, die jederzeit heimlich Atomwaffen entwickeln könnten.

Münkler verkennt, dass ein Kontrollszenario weltweit und gegenüber jedem Staat gelten würde, also das Universalitätsprinzip anstelle des Mitgliedschaftsprinzips der Vereinten Nationen und des NPT vereinbart würde.

Dass dieser Systemwechsel vor allem vom gemeinsamen Willen der USA, Russlands und Chinas abhängt, wäre im wahrsten Sinne des Wortes "realpolitisch", denn solch gemeinsamer Entschlusskraft könnte sich zumindest in der Jetztzeit kein anderer Staat widersetzen - und würde es auch nicht, denn die Mehrheit der Vereinten Nationen würde es unterstützen.

Das Mitgliedschaftsprinzip kann stets nur vorbereitende Funktion haben, würde aber rechtsfreie Räume beibehalten, solange man sich nicht zum Universalprinzip durchringt.

Dem Historiker Münkler sollte es bekannt sein, dass alle Rechtsentwicklung nicht davon abhängig war, ob der letzte Schurke Einsicht bekennt, sondern davon, ob die politischen Kräfte ausreichend waren, ein Recht allgemeinverbindlich zu machen.

3. Münkler behauptet, dass Russland und China nicht Atomwaffenfreiheit interessiert seien, da sodann die konventionelle Überlegenheit der USA stärker ins Gewicht falle.

Auch diese These ist so realistisch wie fatalistisch, denn tatsächlich dürfte sich wohl kaum etwas zum Besseren wenden, wenn nur Argumente zum Schlechten in die Waagschale kommen.
Münkler geht offenbar davon aus, dass die USA nicht gewillt sein werden, sich an die Charta der Vereinten Nationen zu halten und auf Akte der Selbstjustiz zu verzichten, sich dem Veto der anderen Mächte zu beugen.

Das könnte sich tatsächlich den anderen Atommächten als Hindernis zum weltweiten Atomwaffenverzicht erweisen, sollte es aber dennoch nicht, denn die daraus resultierenden Risiken dr Atomwaffenverbreitung aus aus der schon vorhandenen Atombewaffnung wären weit unterschätzt und wiegen zu schwer, um die Sicherheitspolitik weiterhin auf die atomare Abschreckung zu stützen.

Es kommt demzufolge darauf an, dass die USA Gewährsmittel dafür entwickeln, von ihren militärischen Möglichkeiten nicht mehr gegen den Willen Russlands, Chinas Gebrauch zu machen.
Moderne Sicherheitspolitik sollte auf verifizierbaren Sicherheitsgarantien beruhen, nicht mehr auf Abschreckung und militärischer Überlegenheit, denn letztere hat im Extrem zur Folge, was auch Münkel in seiner Schrift "Der Wandel des Krieges. Von der Symmetrie zur Asymmetrie" ein Stück weit zur Terrorismus-Analyse nachvollzieht.

4. Auf die Frage, ob wir in Deutschland noch Atomwaffen brauchen, antwortet Münkler: "Aus politischen Gründen: ja. Aus operativen Gründen: nein. Sollten wir nicht mehr bereit sein, diese Waffen in Deutschland zu lagern, werden wir auch nicht mehr den Finger mit am Abzug haben können. Das ist vielleicht nicht schlimm. Entscheidend aber ist, dass wir dann keinen Finger mehr am Sicherungshebel haben, also auch keinen Einfluss mehr hätten, einen atomaren Angriff zu verhindern. Deshalb sollten die Waffen bleiben."

Offenbar geht Münkler davon aus, dass die "nukleare Teilhabe" so weitreichend sei, dass "wir den Finger am Abzug" hätten. Dann wäre er besser informiert als "wir", denn allgemein wird davon ausgegangen, dass die nukleare Teilhabe zwar bundesdeutsche Hilfestellungen, aber keine Verfügungsmacht darstellt.

"Aus politischen Gründen: ja", spricht sich Herr Münkler für den Behalt von Atomwaffen in Deutschland aus und ist offenbar im Glauben, dass völkerrechtliche Verpflichtungen keine politischen Gründe sind, denn die Bundesrepublik Deutschland unterschrieb den NPT am 28.11.1969.

5. Münkler hält die Debatte um die Sicherheitsmängel der europäischen Atomwaffenlager für "lanciert", da die USA ein großes Interesse daran hätten, Investitionen für die Unterbringung ihrer Nuklearwaffen auf die Verbündeten abzuwälzen.

Dass die Untersuchung durch das Pentagon auf Geheiß des US-Kongresses durchgeführt wurde, nachdem bekannt wurde, dass es zu versehentlichen Atomwaffentechnologie-Lieferungen an den Taiwan gekommen war, zum Transport vermeintlich gesicherter Atomwaffen über US-Territorium, zu Dokumentationsproblemen bei der Atomwaffen-Inventur, all das hat zunächst mal nichts mit dem von Münkler ins Feld geführte finanziellen Interesse zu tun, sondern mit dezidiert sicherheitspolitischen Interessen zur Verhinderung eines ungewollten Atomwaffeneinsatzes. Besonders einem Historiker sollte solche Vorgeschichte bekannt und zu würdigen sein.

6. Münkler mutmaßt, dass auch Dschihadisten durch Atomwaffen abzuschrecken seien. Deren Opferbereitschaft unterscheide sich nicht von der soldatisch typsichen Opferbereitschaft, den eigenen Tod zugunsten des Überlebens anderer in Kauf zu nehmen.

Mag sein, wenngleich das Ding mit der soldatischen Opferbereitschaft vielschichtig und in den meisten Fällen anders ist >> www.dialoglexikon.de/heldenmythos.htm

Es stellt sich jedoch bei Atomwaffen gar nicht die Frage nach soldatischer Opferbereitschaft, denn Soldaten haben in Sachen Krieg und Frieden gewöhnlich wenig Mitspracherecht.
Die Frage lautet vielmehr, ob sich Politiker durch Atomwaffen abschrecken lassen, und wenn dem Historiker Münkler nicht reichlich Beispiele einfallen, bei wie vielen Politikern jedes Mitgefühl gegenüber den Überlebensinteressen anderer verlorenging, dann wäre seine Abschreckungsgewissheit dahin und möglicherweise auch mehr Einsicht für ein Regime, das die Entwicklung und Vorhaltung von Atomwaffen ausschließt.

Jede Abschreckung, welche auch immer, funktioniert überhaupt nur dann, wenn Verantwortungsbewusstsein zumindest restbeständig bliebe, während jede Abschreckung versagen kann, sobald jemand glaubt, "nichts mehr zu verlieren zu haben".

7. Münkler behauptet, dass die "religiöse Intensität", "heroischen Potenziale" und Opferbereitschaft in den Industrienationen im Vergleich zu bspw. islamischen Staaten gemindert sei und durch technologische Überlegenheit ausgeglichen werde und werden müsse.

Abgesehen von der in solcher These mitschwingenden Überheblichkeit, die dazu neigt, zwischen Machbarkeit und Rechtlichkeit keine Unterscheidung zu treffen, erkennt Münkler zwar, dass die Wahrscheinlichkeit terroristischen Zugriffs auf atomwaffenfähiges Material wachse, aber er setzt gleichwohl auf den technologischen Vorsprung als Sicherheitsdoktrin.

Logischer ist hingegen, wenn aus den mitwachsenden Fähigkeiten auf Seiten der Technologieunterlegenen ein schrittweiser Paradigmenwechsel geschlussfolgert würde:
Verzicht auf Atomwaffen-Privileg gegen ein weltweites Kontrollsystem zum Atomwaffenverbot.
Und "realpolitisch" lässt sich solch Kontrakt eher aus der Position der Stärke schließen als ohne Atomwaffenbesitz, aber wird der Kreis der Atomwaffenstaaten zu groß, so würde sich diese Möglichkeit erschweren.

8. Münkler fordert für den Fall, dass sich der Staat Pakistan auflöse: "Man muss versuchen, die Teile der pakistanischen Armee, die Zugriff auf die Nuklearwaffen haben, so zu strukturieren, dass sie im Augenblick des Auseinanderfallens des Staates sich mitsamt ihren Fähigkeiten entweder in russische, amerikanische oder chinesische Obhut begeben."

Münkler scheint von der Rationalität militärisch Verantwortlicher so sehr überzeugt, dass sie den ideologischen Wirren, in die Politik und Land verfallen können, standhalten würden und sich dann in "Obhut" anderer Staaten begeben? Na, wenn das mal nicht "ganz unwahrscheinlich" und allzu riskantes Hoffen ist.

Die Realpolitiker in Washington sind diesbezüglich weiter, denn seit dem 19.November 2007 ist bekannt, dass die USA schon seit 2005 mit mehr als 100 Mio. US-$ der pakistanischen Regierung bei der Atomwaffen-Sicherung spendierten und vermutlich auch Interventionspläne in der Schublade haben. Das klingt für manche Leute beruhigend, andererseits verstößt es gegen den Atomwaffensperrvertrag, denn die USA dürften Pakistan solche Hilfen nicht gewähren, sondern müssten zunächst dafür sorgen, dass Pakistan dem Atomwaffensperrvertrag beitritt.

Was nicht rechtens ist, taugt nicht für die Sicherheitspolitik, sondern vertieft nur die Gräben zwischen den heutigen und künftigen Streitparteien.
Die einzig realistische Alternative lautet, dass die Atomwaffenstaaten ihren Verpflichtungen aus Art.6 Atomwaffensperrvertrag nachkommen und dazu ein universelles Atomwaffenverbot auf den Weg bringen - ban on nuclear weapons.

-markus rabanus- >> Diskussion

28 Juni 2008

1. Juli - 40 Jahre Atomwaffensperrvertrag

Höchste Zeit für Deutschland seine nukleare Teilhabe zu beenden - Letzte US-Atomwaffen aus Großbritannien abgezogen

Am 1. Juli 1968 wurde der Atomwaffensperrvertrag (auch: Nichtverbreitungsvertrag) erstmals von den USA, der Sowjetunion und Großbritannien unterzeichnet. Zum 40. Jahrestag fordert die Kampagne "unsere zukunft - atomwaffenfrei" die Bundesregierung auf, die Politik der Nuklearen Teilhabe zu beenden und das letzte Atomwaffenlager auf deutschem Boden in Büchel zu schließen. Der Vertrag, der am 28. November 1969 auch von der Bundesrepublik unterschrieben wurde, verbietet es, anderen Staaten Atomwaffen zu überlassen bzw. sie von Atommächten anzunehmen.

Xanthe Hall, Sprecherin der Kampagne "unsere zukunft - atomwaffenfrei":

"Die NATO-Strategie der Nuklearen Teilhabe ist ein klarer Verstoß gegen Artikel 2 des Atomwaffensperrvertrages. Seit Jahrzehnten üben deutsche Piloten für den Ernstfall den Angriff mit den US-Atomwaffen. Die jüngsten Meldungen über die mangelnde Sicherheit von US-Atomwaffenstandorten sind ein weiterer Grund, warum die völkerrechtswidrige Nukleare Teilhabe beendet werden muss. Deshalb haben wir jetzt einen Online-Appell an Bundeskanzlerin Merkel gestartet und rufen zur Demonstration am 30. August 2008 vor dem Atomwaffenlager Büchel auf. Erst am Donnerstag wurde bekannt, dass die US-Atomwaffen vom britischen Luftwaffenstützpunkt Lakenheath abgezogen wurden. Nach mehr als 50 Jahren gibt es in Großbritannien damit keine US-Atomwaffen mehr. Die Beendigung auch der deutschen Nuklearen Teilhabe wäre ein wichtiges Signal für die nächste Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages, die 2010 stattfinden wird."

Roland Blach, Koordinator der Kampagne, ergänzt:

"Die Überprüfungskonferenz wird über das Schicksal dieses wichtigen Vertrages entscheiden. Schon jetzt verstoßen die USA, Frankreich und Großbritannien eklatant gegen Artikel 6 des Atomwaffensperrvertrages, indem sie ihre Areale modernisieren und neue nukleare Waffensysteme entwickeln. Laut Artikel 6 sind alle Atomwaffenstaaten zur vollständigen atomaren Abrüstung verpflichtet. Wir müssen den Vertrag jetzt durch die Einführung einer Nuklearwaffenkonvention stärken, die den Weg für eine Abrüstung aller Atomwaffen frei macht."

Die Kampagne "unsere zukunft - atomwaffenfrei" startete im August 2007 mit dem Ziel, dass Deutschland bei der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages im Jahr 2010 vor den Vereinten Nationen verkündet: "Deutschland ist atomwaffenfrei: Wir haben die nukleare Teilhabe beendet, als einen Schritt zu einer atomwaffenfreien Welt." An der Kampagne sind 48 Verbände, Vereine und Initiativen aus allen Teilen Deutschlands beteiligt.

Informationen zur Demonstration am 30. August in Büchel: http://www.atomwaffenfrei.de/vor_der_eigenen_tuere_kehren/index.html

Online-Appell an Merkel:
http://www.campact.de/campact/home

Mehr Infos zum Abzug der US-Atomwaffen aus Großbritannien:
http://www.fas.org/blog/ssp/2008/06/us-nuclear-weapons-withdrawn-from-the-united-kingdom.php#more-259

Artikel 2 des Atomwaffensperrvertrages: "Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch sonst wie zu erwerben und keine Unterstützung zur Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern zu suchen oder anzunehmen."

Der Atomwaffensperrvertrag im Wortlaut:
http://www.atomwaffena-z.info/pdf/NPT-Vertrag.pdf

>> http://www.atomwaffenfrei.de/

  • Diskussionen.de
  • 27 Juni 2008

    Friedenslexikon.de

    Zwecks Vereinfachung der Informationsdarstellung registrierten wir die Domain www.Friedenslexikon.de und können mit dem dazu entsprechenden Blog http://friedenslexikon.blogspot.com/ auch rascher die bei uns in Debatte stehenden Begriffe pflegen und referenzieren.

    -markus rabanus-

    20 Juni 2008

    Jahrestag: Das Rote Telefon (1963)



    Am 20. Juni 1963 wurde zwischen den Regierungen in Washington und Moskau das "Rote Telefon" eingerichtet, um zu gewährleisten, dass bei einem versehentlichen Atomwaffenangriff Informationsaustausch stattfinden kann.

    Stellen wir es uns vor, wie bei Herrn Bush das "Rote Telefon" klingelt. Bush hebt ab, Putin ist dran und sagt: "Hallo George, wir haben versehentlich Flugzeuge fehlinterpretiert. Glücklicherweise haben wir nur eine Atomrakete losgeschickt. Sie hat allerdings acht Sprengköpfe, die in ca. 7 Minuten bzw. jetzt nur noch 6 Minuten bei Euch einschlagen. Drei davon bei Dir. Gehe in den Keller. Wir telefonieren dann weiter." - Der US-Präsident dankt kurz für den Hinweis und geht in den Keller.

  • Diskussionen
  • 11 Juni 2008

    Sam Nunn erhält Hessischen Friedenspreis 2008

    Der frühere US-Senator Sam Nunn erhält Hessischen Friedenspreis 2008 für sein Engagement für nukleare Abrüstung und gegen nuklearen Terrorismus.

    wikipedia: Samuel Augustus Nunn, Jr. (* 8. September 1938 in Macon, Georgia) ist ein US-amerikanischer Geschäftsmann und Politiker der Demokraten. Er vertrat von 1972 bis 1997 den Bundesstaat Georgia als Senator im US-Senat.
    Nunn wurde 1938 in Macon, Bibb County geboren. Er besuchte von 1956 bis 1959 das Georgia Institute of Technology in Atlanta und graduierte 1961 an der Emory University.
    Nunn war 1968 bis 1972 Mitglied des Repräsentantenhauses von Georgia. Am 7. November 1972 wurde er in den US-Senat gewählt, um den Senatssitz des verstorbenen Senators Richard B. Russell neuzubesetzen. Nach mehreren erfolgreichen Wiederwahlen kandidierte er 1996 nicht mehr. Nunn war somit vom 8. November 1972 bis zum 3. Januar 1997 Mitglied des US-Senats.

    Nuclear Threat Initiative

    Die Nuclear Threat Initiative (NTI) ist eine US-amerikanische Organisation, die sich für die internationale Friedenssicherung durch den Abbau von nuklearen, biologischen und chemischen Waffen einsetzt. Sie wurde im Januar 2001 von Ted Turner, dem Gründer des amerikanischen Fernsehsender CNN, und Sam Nunn gegründet. >> www.NTI.org

  • Diskussionen
  • 10 Juni 2008

    Grundsteinlegung für Chemiewaffenvernichtungsanlage in Russland

    Dass Moskau für die Vernichtung der eigenen Chemiewaffenbestände die finanzielle Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch nimmt, ist bei gleichzeitiger Hochrüstung im Atomwaffenbereich eine Zumutung. Und dennoch: So wurde es vereinbart - und daran gilt es sich zu halten. - Herzlichen Glückwunsch an den "deutschen Generalunternehmer", der wirtschaftlich Hauptnutznießer dieser Subvention ist, denn es ist allemal besser, als wenn weiterhin an der Chemiewaffenproduktion verdient werden dürfte.

    -markus rabanus-

    Dokumentation: Abrüstungszusammenarbeit
    Presseerklärung des Auswärtigen Amtes

    Vertreter der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages werden heute in Potschep, im Gebiet Brjansk der Russischen Föderation, gemeinsam mit den russischen Projektpartnern den Grundstein für eine neue russische Chemiewaffen-Vernichtungsanlage legen.

    Die Bundesregierung engagiert sich seit 2002 aktiv im Rahmen der G8-Initiative "Globale Partnerschaft gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und -materialien". In diesem Zusammenhang finanziert das Auswärtige Amt mit bis zu 140 Mio. Euro den Bau eines Betriebsgebäudes mit verfahrenstechnischen Anlagen zur Verbrennung von Reaktionsmassen sowie Reststoffen aus der Chemiewaffenvernichtung. Außerdem werden in diesem Anlagenteil die entleerten Munitionskörper unbrauchbar gemacht.

    Das Auswärtige Amt hat die Vernichtung chemischer Waffen in der Russischen Föderation bereits mit 200 Mio. Euro gefördert. Nach den mit deutscher Unterstützung errichteten Chemiewaffenvernichtungsanlagen in Gorny und Kambarka, die 2002 bzw. 2006 ihren Betrieb aufgenommen haben, ist Potschep das dritte gemeinsame Großprojekt.

    In Potschep befindet sich das mengenmäßig größte der sieben Lager für chemische Kampfstoffe in der Russischen Föderation. Dort lagern ca. 7.500 t der Nervenkampfstoffe Vx, Sarin und Soman, größtenteils abgefüllt in über 67.000 Munitionskörpern.

    Die völkerrechtliche Vereinbarung für die Zusammenarbeit in Potschep wurde auf der Grundlage eines bereits 1992 geschlossenen Regierungsabkommens im März 2007 geschlossen. Die Anlage wird im Auftrag des Auswärtigen Amtes von einem deutschen Generalauftragnehmer errichtet und soll Ende 2009 in Betrieb gehen.

    Das deutsche Engagement steht im Zusammenhang mit dem Chemiewaffen-Übereinkommen, dessen Ziel es ist, bis spätestens 2012 die weltweite Vernichtung sämtlicher chemischer Waffen zu erreichen.

  • Diskussion
  • Nicole Deitelhoff erhält den Heinz Maier-Leibnitz-Preis

    Am heutigen Montag erhielt Dr. Nicole Deitelhoff, Politikwissenschaftlerin an der Technischen Universität Darmstadt und der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), gemeinsam mit fünf weiteren jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den Heinz-Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Berlin. Der Preis gilt als einer der renommiertesten Wissenschaftspreise in Deutschland. Er ist mit 16.000,- Euro dotiert, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung bereitstellt. ...

    In der Auswahlbegründung für Nicole Deitelhoff führt die DFG an, dass die Preisträgerin als eine der herausragendsten jungen Politikwissenschaftlerinnen in Deutschland gilt, deren Arbeiten sich durch besonders originelle und innovative Ansätze und Erkenntnisse auszeichnen.

    Der Geehrten oblag die Aufgabe, den diesjährigen Vortrag zu halten. Darin skizzierte sie Chancen einer internationalen Verständigung auf Normen in einer globalisierten Welt durch Argumentieren und Überzeugen. „Wir können nicht mehr in das kuschelige Gehäuse des Nationalstaates zurückkriechen, sondern müssen die Probleme auch global lösen!“, erklärt Deitelhoff die Ausgangssituation.
    In Zeiten „postnationalen Regierens“, in denen Regularien internationaler Organisationen wie der UNO oder der EU immer stärker in die Nationalstaaten hineinwirken, gelten Menschenrechte und Demokratie zunehmend als universelle Werte. In der Wahrnehmung vieler westlicher Staaten sind diese Werte notfalls auch gegen den Willen nationaler Machthaber durchzusetzen – Deitelhoff verweist auf das jüngste Beispiel Birma. Hier wurde überlegt, ob den Opfern einer Naturkatastrophe auch per Intervention geholfen werden soll, falls die Regierung weiterhin keine Helfer freiwillig ins Land ließe.
    Jenseits aller Überlegungen, ob und wann solche Interventionen in innere Angelegenheiten sinnvoll sein können, stellt Deitelhoff fest, dass das Überstülpen dieser – westlichen – Normen ein erhebliches Konfliktpotenzial birgt. Daher sieht sie in Aushandlungsprozessen „auf Augehöhe“ die beste Möglichkeit, einen nationen- und kulturübergreifenden Wertekonsens zu finden, der auch umgesetzt wird – zumal er zumindest durch Fairness geprägt wird.

    Bitte klicken Sie auf folgende Links und finden Sie Weiteres zum Preis und seinem Namensgeber, der Auswahlbegründung der Preisträger sowie die Grußworte, Laudationes und Bilder von der Preisverleihung.

    HSFK-Konferenz: 24.-25.06. in Berlin

    Die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) lädt ein zur "Third Transatlantic Conference: Missile Defense, Russia, and the Middle East" am 24.-25. Juni 2008 in Berlin
    Marlar Kin, Presse- und Öffentlichkeitsreferat
    Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung

    Während die Welt gebannt auf den Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA sieht, flammen Drohungen, die Nuklearanlagen des Iran zu bombardieren, gerade in letzter Zeit wieder auf; denn die Führung in Teheran ist offenbar nicht bereit, ihre Aktivitäten auf dem Gebiet der Urananreicherung einzustellen. Dr. Hans Blix, weltweit renommierter Fachmann für Nuklearfragen, wird dieses Problem in seinem Vortrag ansprechen und seine Antwort präsentieren.

    Welche Rolle soll und kann die Raketenabwehr im Kontext der Politik gegenüber der Islamischen Republik spielen? Kann sie Bombardements verhindern? Im Mittleren Osten stellt sich ein weiteres Problem: Hamas und Hisbollah feuern tagtäglich Raketen auf Israel ab - bieten die israelischen Raketenprogramme einen wirksamen Schutz dagegen?

    Diese Fragen zeigen: Die Raketenabwehr ist wieder ein zentrales Thema internationaler Sicherheitspolitik - spätestens seit den Plänen der USA, Raketenabwehrsysteme in der Republik Polen und in der Tschechischen Republik zu stationieren. Dabei betrifft das Thema Raketenabwehr eben nicht nur das Dreiecksverhältnis zwischen den USA, Europa und Russland. Tatsächlich berührt es auch den Kern von Sicherheitsinteressen der Länder in der Golfregion.

    Was auf den ersten Blick technisch klingen mag, erweist sich bei näherem Hinsehen als eine politisch brisante Problematik, auf die alle im Dialog miteinander gemeinsame - letztlich politische - Lösungen finden müssen.

    Darum geht es auf der folgenden Konferenz, die, von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) veranstaltet, auch dieses Mal hauptsächlich von der Bundesregierung unterstützt wird. Sie findet zeitgleich mit der von Bundesaußenminister Steinmeier einberufenen Konferenz zur Sicherheit Palästinas statt. Wie Sie der beigefügten Tagesordnung entnehmen können, sollen diese Fragen zusammen mit ausgewiesenen Fachleuten aus der Konfliktregion diskutiert werden - unter ihnen Dr. Mohammed Javad A. Laridschani, früherer Stellvertretender Außenminister der Islamischen Republik Iran und Bruder des Ahmadinedschad-Herausforderers Ali Laridschani.

    Es versteht sich, dass bei der Erörterung der US-Raketenabwehrpläne für Polen und für die Tschechische Republik die zentralen Fragen der Bedrohung, der technischen Machbarkeit und der Folgen für die Rüstungskontrolle und das Ost-West-Verhältnis von entscheidender Bedeutung sind. Auch hier haben wir auf Expertenebene Befürworter und Gegner der Pläne gewinnen können. Besonders freuen wir uns, dass der polnische Staatssekretär Witold Jan Waszczykowski, der die Verhandlungen für seine Regierung leitet, die offizielle Position Warschaus präsentieren wird.

    Die Konferenz findet in englischer Sprache statt in der

    Vertretung des Landes Hessen beim Bund
    In den Ministergärten 5
    10117 Berlin

    Die Experten-Tagung, vom Auswärtigen Amt finanziert, steht im Kontext der von Bundesminister Steinmeier einberufenen Außenminister-Konferenz zur Sicherheit Palästinas. ...
    Weitere Informationen: http://www.hsfk.de/abm

    URL dieser Pressemitteilung: http://idw-online.de/pages/de/news264815

    "Atomare Abschreckung" als Wettrüstungsalibi

    Russland und die USA werfen sich erstmals seit dem Kalten Krieg wieder weltöffentlich gegenseitiges Überlegenheitsstreben vor, weshalb "nachgerüstet" werden müsse, um die Sicherheit aus der "Abschreckung" gewährleisten zu können.
    Anstatt sich auf Kosten von Bevölkerung und Sicherheit fortdauernd "abschrecken" zu wollen, sollten sich beiden Staaten erneut hinhocken und vernünftige Verträge zur Rüstungsbegrenzung erarbeiten oder aber ihrer Verpflichtung aus Art.6 Atomwaffensperrvertrag nachkommen.

    -msr-

    Dokumentation: USA stocken Atomwaffenarsenal als Abschreckung gegen Russland auf

    MOSKAU, 10. Juni (RIA Novosti). Pentagon-Chef Robert Gates hat die geplante Aufstockung des Atomwaffenarsenals mit Russlands stärker werdenden Atomwaffenpotential erklärt.
    Wie Gates im US-Bundesstaat Virginia vor US-Luftwaffenoffizieren sagte, nimmt die Rolle des Atomwaffenarsenals zu, weil Atombomben in die Hände von US-Gegnern wie Iran gelangen könnten, meldet Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag unter Hinweis auf den US-Verteidigungsministers.
    "Es ist klar, dass die Russen in der Zukunft ihre Handlungen auf die Verstärkung des Atomwaffenpotentials konzentrieren werden. Dass Russland immer mehr auf seine Atomwaffenkräfte und nicht auf konventionelle Waffen setzt, bestätigt die Wichtigkeit der Erweiterung unseres Atomwaffenarsenals als Abschreckungsmittel", so Gates.
    Russland versuche nach der Krise in den postsowjetischen Zeiten seine Rolle in der Welt wiederherzustellen, erhöhe die militärischen Ausgaben, um eine gut ausgerüstete und mobile Berufsarmee aufzustellen. Nach Meinung einiger Beobachter würden diese Reformen jedoch sehr langsam verlaufen.
    "In Wirklichkeit gibt Russland keine großen Mittel für konventionelle Waffen aus", fügte Gates hinzu.

    "Russland-Erweiterung" per Griff nach der Arktis

    Die Arktis-Anliegerstaaten, wie sie sich selbst und zutreffend nennen, sind eifrigst dabei, aus ihrer Anliegerschaft eine Erweiterung ihrer Hoheitsgebiete zu machen, um dort privilegiert die Rohstoffe der Menschheit ausbeuten zu können. Da sie es nun offen bekundet auch "militärisch absichern", wird man es allenfalls kritisieren können, aber zuschauen müssen.
    Dass die Förderung etwaiger Rohstoffvorkommen für etwas Entspannung auf dem Energiesektor sorgen wird, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass je mehr der Reichtum der Welt nationalisiert wird, desto schwieriger wird es zugleich, die konkurrierenden Nationalinteressen weltgemeinschaftlich zu organisieren und zu reformieren.

    -markus rabanus-

    Dokumentation 1: Russlands Streitkräfte schützen nationale Interessen in Arktis

    MOSKAU, 10. Juni (RIA Novosti). Die russischen Streitkräfte nehmen die Interessen des Staates in der Arktis wahr, wo Russland Anspruch auf einen Teil des Schelfs erhebt. Das sagte der Chef des Hauptamtes für Gefechtsausbildung und Truppendienst der russischen Streitkräfte, Generalleutnant Wladimir Schamanow, am Dienstag zu Journalisten.
    „Vom Standpunkt der Nordpolitik des Landes ebenso wie vom Standpunkt anderer militärstrategischer Aufgaben wird der Generalstab bis zum 1. Juli das Perspektivbild der Streitkräfte bestimmen, deren zahlenmäßige Stärke und qualitativer Zustand festgelegt werden“, sagte Schamanow.
    Danach werde der Verteidigungsminister die Aufgaben der Streitkräfte, darunter die zur Erschließung des Schelfs, präzisieren. „Wir haben eine ganze Reihe von Verbänden und Einheiten, die unter anderem zur Erfüllung von Aufgaben in den nördlichen bzw. arktischen Regionen ausgebildet werden“, sagte der Generalleutnant. Das seien Verbände des Leningrader, des Sibirischen und des Fernöstlichen Wehrbezirkes, fügte Schamanow hinzu.


    Dokumentation 2: Russische Bomber patrouillieren wieder über der Arktis

    MOSKAU, 10. Juni (RIA Novosti). Zwei russische Langstreckenbomber Tu-95 haben 20 Stunden lang über der Arktis patrouilliert. Das teilte Luftwaffensprecher Wladimir Drik am Montag RIA Novosti mit.
    Nach seinen Worten wurden die Tu-95-Bomber von Nato-Jets begleitet und übten unter anderem die Luftbetankung. Laut dem Sprecher erfolgten alle Patrouillenflüge über neutralen Gewässern in strikter Übereinstimmung mit den internationalen Flugregeln.


  • Diskussionen.de
  • 06 Juni 2008

    DGAP clustert gegen Streubomben-Abrüstungsabkommen

    DGAPstandpunkt: Heiße Luft: Warum das Streubombenverbot von Dublin kein Erfolg ist

    Das Verbot von Streubomben ist nach Ansicht des Auswärtigen Amts ein "Meilenstein zur Weiterentwicklung des humanitären Völkerrechts". Der tatsächliche Nutzen einer solchen Form der Verrechtlichung wird jedoch allgemein überschätzt.
    Ein Vergleich mit dem als Erfolgsmodell bezeichneten Ottawa-Vertrag zum Verbot von Antipersonenminen zeigt, dass die tatsächlichen Fortschritte hinter den Erwartungen zurückbleiben. Angesichts der zu erwartenden Effekte ist der Beschluss eines Streubombenverbot auf der Dublin-Konferenz vergangene Woche eine Mogelpackung. Das Verbot steht stellvertretend für das Scheitern des klassischen Multilateralismus und für die moralische Selbstgerechtigkeit europäischer Staaten. Eine genauere Untersuchung der in Irland erzielten "Lösung" des Streubomben-Problems kann nur zu dem Schluss kommen, dass echte Fortschritte ausgeblieben sind.
    Presseerklärung >> mehr

    Kritik an David Bosold

    Zutreffend ist, dass der Vertrag Schwächen hat, zutreffend ist, dass solche Verträge im Rahmen der Vereinten Nationen höheren Wert hätten, zutreffend ist, dass die Nichtregierungsorganisationen zur Selbstüberschätzung neigen, zutreffend ist, dass der Vertrag ohne Unterzeichnung der Clusterbomben-Hauptanwender weniger Wert hat.

    Unzutreffend wäre aus diesen und anderen Unzulänglichkeiten die Schlussfolgerung, der Vertrag sei kein Fortschritt oder stehe für das "Scheitern des klassischen Multilateralismus", denn Multilateralismus unterscheidet sich vom Konsensprinzip, setzt keine allseitige Zustimmung voraus, typischerweise auch nicht derer, die sich aus Gründen ihrer besonderen Stärke vom Unilateralismus mehr versprechen, also typischerweise nicht die Beflügler des Multilateralismus sind.

    Somit stimmt die positive Einschätzung des Auswärtigen Amtes, insbesondere deshalb, weil "ein Meilenstein" bedeutet, dass es noch zu tun gibt. - Die Teilnahme Deutschlands an diesem Vertrag ist richtig.

    -markus rabanus- >> Diskussionen

    03 Juni 2008

    Friedensgutachten 2008

    Vorstellung des Friedensgutachtens am 3. Juni 2008 von Andreas Heinemann-Grüder, BICC
    Friedensgutachen.de

    Friedensgutachten 2008 fordert europäische Avantgarde gegen Hochrüstung
    Die fünf führenden Friedensforschungsinstitute Deutschlands warnen vor neuer Hochrüstung. Die USA, Russland, China und Indien rüsten massiv auf. Rüstungskontrollvereinbarungen liegen auf Eis. Neue Waffensysteme sollen selbst im Weltall installiert werden. „Die neue Hochrüstung kann bedrohlicher werden als der Kalte Krieg“, betont das diesjährige Friedensgutachten.
    Strategien militärischer Stärke sind gescheitert. Sie tragen weder zur Lösung politischer Konflikte bei, noch beheben sie deren Ursachen. Europa verfügt bei der zivilen Konfliktregelung und der Stabilisierung von Krisenregionen über Erfahrungen und Kompetenzen, in denen die Friedensforscher realistische Alternativen zur Hochrüstung sehen.
    Von 2001 bis 2006 nahmen die inflationsbereinigten Militärausgaben um etwa 30 Prozent zu und liegen bei über einer Billion US-Dollar. Fast die Hälfte davon entfällt auf die USA. Großbritannien, Frankreich, China und Japan folgen auf den Spitzenplätzen. Doch weder die Weiterverbreitung von Atomwaffen noch der Klimawandel lassen sich militärisch aufhalten. Auch die Demokratisierung autoritärer Systeme kann nicht militärisch erzwungen werden. Im Gegenteil: militärische Übermacht ist kontraproduktiv, wie in Afghanistan, Irak und Nahost deutlich wird. Sie erzeugt vielmehr ein Sicherheitsdilemma: Wer nach militärischer Überlegenheit strebt, provoziert militärische Gegenmaßnahmen und damit wachsende Bedrohung statt Sicherheit.
    „Wer immer Bush im Weißen Haus nachfolgt, wird versuchen müssen, mit neuen Ideen und attraktiver Politik Partner zu gewinnen. Die Europäer sollten diese Chance durch eigene Initiativen nutzen. Die Bundesregierung sollte alles tun, um die künftige amerikanische Regierung für eine Rückkehr zur nuklearen Rüstungskontrolle zu gewinnen“, rät das Friedensgutachten.

    Für europäische Abrüstungsinitiativen
    „Es ist höchste Zeit, der Renaissance nationalstaatlicher Machtprojektion und Hochrüstung entgegenzutreten. Die EU kann dabei eine Schrittmacherfunktion übernehmen“, unterstreicht Andreas Heinemann-Grüder, federführender Herausgeber des Friedensgutachtens 2008: „Wir plädieren dafür, auch auf dem Gebiet der Abrüstung das Avantgarde-Modell zu erproben, nach dem ein Kern europäischer Staaten die Initiative ergreifen kann, ohne zu warten, bis sich alle Mitglieder einig sind.“
    Dies ist umso notwendiger, als Europa bei der Verhinderung der Weiterverbreitung von Nuklearwaffen uneins ist. Während Großbritannien und Frankreich ihre Kernwaffen modernisieren, engagieren sich Schweden, Norwegen, Deutschland und andere für Abrüstung.

    Konkret empfehlen die Friedensforscher der Bundesregierung und der EU:
    AKSE-Vertrag ratifizieren: Der Angepasste Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa muss zügig ratifiziert und in Kraft gesetzt werden. Die NATO sollte nach der Suspendierung durch Russland das Inspektionsregime einseitig aufrechterhalten.
    Auf Raketenschild verzichten: Bundesregierung und EU sollten sich dem US-Raketenschild in Osteuropa stärker widersetzen. Solche Abwehrwaffen destabilisieren die Abschreckungsbalance zwischen den Atommächten, verschärfen die amerikanisch-russischen Spannungen und ziehen die europäische Sicherheit in Mitleidenschaft.
    Nuklearwaffen abrüsten: Die Existenz von Kernwaffen und ihre Weiterverbreitung ist eine der größten Bedrohungen. Nichtweiterverbreitung wird nur gelingen, wenn die Atommächte ihre Bestände drastisch verringern und auf die atomare Erstschlagsoption verzichten.
    Wettrüsten im All verhindern: Die zivile Infrastruktur aller europäischen Staaten ist von Technologien im All abhängig. Einem Antisatellitenangriff wären sie schutzlos ausgeliefert. Nur ein vollständiges Verbot von Weltraumwaffen kann die Gefahr eindämmen.
    Waffenhandel kontrollieren: Europa und insbesondere Deutschland sollten im Rahmen der UNO Vorreiter für einen Vertrag über den Waffenhandel sein, um besonders die illegale Verbreitung von kleinen und leichten Waffen einzudämmen.
    Streubomben verbieten: Die Bundesrepublik sollte vollständig auf Produktion, Handel und Einsatz von Streumunition verzichten. Die jüngste Absichtserklärung zur Zerstörung der als „gefährlich“ definierten Bundeswehrbestände an Streumunition ist ein großer, gleichwohl nicht ausreichender Schritt.
    Rüstungsexport an Verhaltenskodex binden: Aus dem EU-Kodex für Waffenexporte muss eine Verhaltensnorm werden, die alle Mitgliedstaaten bindet.
    Atomwaffen aus Deutschland abziehen: Über den Abzug von Nuklearwaffen vom eigenen Territorium kann die Bundesregierung allein entscheiden. Sie sollte davon Gebrauch machen und so ein deutliches Zeichen gegen Atomwaffen setzen.

    Klimawandel und neue Konfliktrisiken
    „Klimaschutzpolitik bedeutet auch Konfliktprävention. Wenn vorausschauende ökologische, entwicklungs- und friedenspolitische Maßnahmen international aufeinander abgestimmt werden, ist effektive Konfliktvermeidung möglich“, schätzen die Friedensforscher ein. Empfehlungen wie die Zertifizierung des Biomasse-Anbaus, eine Regionalisierung der Energieversorgung und ein integriertes Wassermanagement liegen längst auf dem Tisch, ebenso konkrete Maßnahmen zur Einsparung und Effizienzsteigerung beim Energieverbrauch.

    Das Friedensgutachten empfiehlt:
    Deutschland muss für einen gerechten Lastenausgleich beim Klimawandel eintreten und entsprechende Verfahren zwischen entwickelten und unterentwickelten Staaten rasch implementieren.
    Das „Klimarisiken-Schutzprogramm“ der UNO muss weiter entwickelt und umgesetzt werden.
    Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich in der UNO für einen „Rat für Globale Entwicklung und Umwelt“ einzusetzen.
    „Hier kann und sollte die Bundesregierung eine noch aktivere Rolle spielen und sowohl treibende als auch gestaltende Kraft einer zügigen internationalen Klimaschutzpolitik werden“, sind die Friedensforscher überzeugt.