07 Juli 2008

ARD-Interview: "Atomwaffen als Lebensversicherung"

Politologe Oliver Thränert von der Stiftung Wissenschaft und Politik im Gespräch mit Redakteur Christian Radler für tagesschau.de: "Ich glaube nicht, dass Israel jetzt, da es nicht sicher sein kann, was Iran und Syrien eigentlich treiben, seine "Lebensversicherung" aus der Hand gibt."

Dem Politologen Thränert sollte klar sein, dass wer Atomwaffen zu "Lebensversicherungen" schönredet, nur noch militärische Argumente hat, wenn sich auch sogenannte Schurkenstaaten "lebensversichern" wollen.

Thränert: "Dazu müssten zunächst einmal Iran und Syrien überprüfbar auf Nuklearwaffenoptionen verzichten."

Der Politologe Thränert wird wissen, dass Israel "zunächst einmal" jede Überprüfung der eigenen Atomprogramme verweigert und die Doppelmoral im Umgang mit den Streitparteien ein Haupthindernis in den Verhandlungen mit dem Iran ist.

Das ARD-Interview ist getitelt "Diplomatischer Ausgleich ist schwierig". Daran wird sich nichts ändern, solange man unter "Ausgleich" versteht, dass Israel und die Atomwaffenmächte über den Missbrauchsverdacht erhaben seien und die Mullahs in Teheran und anderswo seien es nicht. Vorrechte lassen sich nicht aus Vertrauensvorteilen ableiten, denn die iranischen Anfeindungen haben zu viel Gegenseitigkeit, bishin zu verkappten und offenen Drohungen, den Iran atomar anzugreifen.

Vorrechte, atomare Vorrechte, lassen sich einzig und allein aus den Weltsicherheitsratsentschließungen herleiten, denn auch missfälliges Recht, wie es der Iran mit einigen guten Gründen reklamiert, ist allemal bessser als eine Konfliktlösung im Wege der militärischen Selbstjustiz, auf die es hinausläuft, wenn nicht entweder wirklicher "Ausgleich" gelingt oder die Resolutionen des Weltsicherheitsrates befolgt werden.

-markus rabanus- Diskussionen.de

03 Juli 2008

Noch immer Desinformation zum Atomwaffensperrvertrag

(wwj) Zum 40.Jahrestag des Atomwaffensperrvertrages (1.7.1968) verfassten nahezu alle großen Nachrichtenagenturen Meldungen. Einige von ihnen informierten über den Vertragsinhalt falsch.

Beispiele
In einer AFP-Meldung v. 2.7.2008 heißt es: "In dem Abkommen verzichten die Unterzeichnerstaaten ohne Atomwaffen auf nukleare Rüstung."

In einer Novosti-Meldung v. 1.7.2008 heißt es: "Der Atomwaffensperrvertrag ist ein internationales Abkommen, das eine Weiterverbreitung von Atomwaffen sowie Technologien zu deren Herstellung verhindern soll. Das Recht auf die friedliche Nutzung der Kernenergie gesteht der Vertrag aber zu."

Es ist Falschberichterstattung, wenn die vertraglichen Gegenleistungen verschwiegen werden, insbesondere die Verpflichtung der Atomwaffenstaaten zur Reduzierung und vollständigen Abrüstung der eigenen Atomwaffen gemäß Art.6 Atomwaffensperrvertrag.

01 Juli 2008

Jahrestag: Atomwaffensperrvertrag 1968

Kann man diesen Jahrestag feiern? Kaum. Aber erinnern und ermahnen, denn

  1. der Atomwaffensperrvertrag wurde von den Atomwaffenstaaten nicht erfüllt, die sich gemäß Artikel 6 zur vollständigen Abrüstung ihrer Atomwaffen verpflichteten, aber stattdessen noch nicht einmal auf die Erstschlagsdrohung verzichten,
  2. der Atomwaffensperrvertrag wird von den Atomwaffenstaaten gebrochen, weil sie ihre Atomwaffen in Staaten und Gebiete lagern und umher transportieren, die nicht zu ihrem Territorium gehören, also Atomwaffen verbreiten,
  3. der Atomwaffensperrvertrag wird von den Atomwaffenstaaten gebrochen, weil sie Atomwaffenwissen an Nichtunterzeichnerstaaten wie Israel weitergaben,
  4. der Atomwaffensperrvertrag wird von den Atomwaffenstaaten gebrochen, weil sie mit Nichtunterzeichnerstaaten wie Indien atomenergetisch zusammenarbeiten,
  5. der Atomwaffensperrvertrag wird von den Atomwaffenstaaten gebrochen, weil sie auch mit dem Nichtunterzeichnerstaat Pakistan hinsichtlich dessen Atomwaffenbestandes zusammenarbeiten - und sei es aus dem Grund der Sicherung vor terroristischem Zugriff,
  6. der Atomwaffensperrvertrag wird auch von Unterzeichnerstaaten wie der Bundesrepublik Deutschland gebrochen, weil sich Deutschland einerseits zum Atomwaffenverzicht verpflichtete, aber andererseits der Stationierung von Atomwaffen zustimmt und sogar eine Politik der "nuklearen Teilhabe" treibt.

Gleichwohl ist der Atomwaffensperrvertrag das gegenwärtig wichtigste Atomwaffenabkommen, denn er ist ein Maßstab für die Rechtstreue und Rechtsbrüche seiner Unterzeichnerstaaten.

Zweierlei braucht es:

  1. Es braucht Durchführungsbestimmungen für den Artikel 6,
  2. es braucht die Universalisierung des bislang nur mitgliedschaftlichen Abkommens, denn ein Atomwaffenverbot kann nur dann funktionieren, wenn es weltweit greift. Wenn die unterzeichneten Atomwaffenstaaten darauf bestehen würden, so würde die Staaten- und Menschenmehrheit einem solch weltweiten Verbot ganz sicher folgen, denn viel weniger Zuspruch hat das gegenwärtige Regime der Atomwaffenstaaten-Privilegierung.

-markus rabanus-

Bundesregierung für AtomwaffenFREIE Welt

40 Jahre Nuklearer Nichtverbreitungsvertrag
Presseerklärung des Auswärtigen Amts

Der Nukleare Nichtverbreitungsvertrag für Kernwaffen (NVV) wurde heute vor 40 Jahren zur Zeichnung aufgelegt. Dem Vertrag, der auch Atomwaffensperrvertrag genannt wird, gehören heute 188 Staaten an. Er verpflichtet die teilnehmenden Kernwaffenstaaten auf das Ziel der vollständigen nuklearen Abrüstung; im Gegenzug erklären die Nichtkernwaffenstaaten einen umfassenden Nuklearwaffenverzicht. Darüber hinaus arbeiten alle Vertragsparteien bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie zusammen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte heute (01.07.) hierzu:

Der Atomwaffensperrvertrag ist von grundlegender Bedeutung für die internationale Sicherheit. Deshalb müssen wir die Anzeichen für eine Erosion dieses Vertragswerkes ernst nehmen. Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass das Interesse am Erwerb von Kernwaffen in einigen Weltregionen neu erwacht zu sein scheint. Angesichts der 30.000 atomaren Gefechtsköpfe, die es weltweit immer noch gibt, können wir uns ein Nachlassen der internationalen Abrüstungsanstrengungen nicht erlauben!

Nach dem Scheitern der Überprüfungskonferenz im Jahr 2005 muss von der nächsten Konferenz in 2010 ein klares Signal für die Bewahrung und Stärkung des Atomwaffensperrvertrages ausgehen. Dabei geht es um Zweierlei:

Zum einen muss den Proliferationsgefahren entschieden begegnet werden. Wir arbeiten deshalb mit unseren Partnern entschlossen auf eine diplomatische Lösung der Proliferationsfälle Iran und Nordkorea hin, setzen uns für die Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten der IAEO ein und haben Vorschläge zur Multilateralisierung des nuklearen Brennstoffkreislaufes gemacht, die den möglichen Missbrauch der zivilen Kernenergienutzung verhindern sollen.

Andererseits brauchen wir aber auch eine neue Dynamik in der nuklearen Abrüstung. Die Kernwaffenstaaten sind gefordert, ihre Abrüstungsanstrengungen zu verstärken, die Zahl ihrer Nuklearwaffen abzusenken und schnellstmöglich den umfassenden Teststoppvertrag in Kraft zu setzen.

Das Ziel des Atomwaffensperrvertrages ist und bleibt die Schaffung einer atomwaffenfreien Welt. Die Bundesregierung wird sich unverändert und mit aller Kraft hierfür einsetzen.“
-Ende der Presseerklärung-

KOMMENTAR

Diese Presseerklärung ist ausgesprpchen erfreulich. Nun wäre es konsequent, wenn die Bundesregierung die "nukleare Teilhabe" beendet und um Abzug der US-Atomwaffen bittet.
Und es wäre wünschenswert, dass die Bundesregierung einen Vertragsvorschlag zur Umsetzung des Artikel 6 Atomwaffensperrvertrag ausarbeitet.

-markus rabanus- Diskussionen