08 Juli 2022

Memos in Sachen Diplomatie

Zur Diskussion, ob man sich mit Lawrow an einen Tisch setzen solle:

1. Wer zwischen einer Geburtstagsparty und G20-Konferenz nicht zu unterscheiden weiß, mag für Geburtstagspartys taugen, aber für das diplomatische Parkett nur in Schönwetterphasen.

2. Falls Diplomaten einander nichts zu bieten haben, müssen sie sich nicht küssen, können den Händedruck ablehnen, Missfallen äußern, Forderungen und Drohungen artikulieren.

3. Wenn gedroht werden kann, dann ist es diplomatischer, die Drohung zunächst dem Vieraugen-Gespräch vorzubehalten und Überlegungsfristen einzuräumen, um der anderen Seite ein Entgegenkommen mit weniger Gesichtsverlust zu ermöglichen und auf solche Weise diplomatische Ziele leichter zu erreichen.
Zugleich sollte vertraulich die Ankündigung sein, dass im Falle fruchtloser Fristverstreichung die Öffentlichkeit informiert wird und das Angedrohte geschieht.

4. Wegen des Atomkriegsrisikos ist in jedem Fall derlei Drohung völkerrechtswidrig, denn niemand hat sich auf eine Weise zu streiten oder auch nur zu verteidigen, die der unbeteiligten Menschheit zum Verhängnis wird.

Insofern sind keinerlei Zweideutigkeiten tolerabel und alle Welt hat auf eindeutige Zusicherung zu bestehen, keinen Atomwaffeneinsatz in Betracht zu ziehen.

Dass solche Zusicherung keine Garantie darstellt, ist frech und völkerrechtswidrig genug, aber mindert das Risiko eines versehentlichen Atomkriegs.

MfG, Markus S. Rabanus
Friedensforschung (.de)

11 Mai 2022

Ukraine-Krieg und "Feiglingsspiel"

  • An Rene E.

    Im Falle Georgiens funktionierte die gegenseitige Abschreckung über das NATO-Bündnis hinaus, aber ich hatte damals den Eindruck, dass Putin so gar nicht damit gerechnet hatte, die NATO werde sich einmischen, allenfalls schimpfen.

    Das war jetzt anders. Nach der Krim wusste er, dass wir uns weitere "Überraschungen" nicht bieten lassen würden - und so fuhr er ganz andere Kräfte auf, die er allerdings ohnehin gegen die ukrainischen Streitkräfte brauchte.

    Monatelang drohte er, monatelang beriet sich die NATO, was sie tun könne & befand sich für die direkte Verteidigung zu schwach oder das Szenario zu riskant. - Diesbezüglich lässt sich nur spekulieren - und ich froh, solche Entscheidungen nicht selbst treffen zu müssen.

    Der Krieg verläuft offensichtlich nicht nach Plan Putins.
    Die Verteidigung verläuft ganz sicher auch nicht nach Vorstellungen Kiews.
    Auch dieser Krieg hat Eigendynamik - und so werden fortlaufend Strategie und Taktik zu überarbeiten sein.

    Soweit zum Geschehen - ganz pauschal, mehr ist mir meinem Schreibtisch nicht möglich.

    Das Ding mit der Abschreckung ist anderer Dimension, da sie nicht von einem Gewaltmonopol ausgeht.

    Dass auch solche gegenseitige Abschreckung "funktionieren" kann, zeigte sich in Jahrzehnten, bewährt sich auch oft im Rotlicht-Milieu, aber ist riskantes Konzept, denn zweierlei Versagensmomente kommen in Betracht:

    1. Die Fehlinterpretation von Geschehen, die zum versehentlichen Schlagabtausch führen können.

    Ein Beispiel:
    Während der Kuba-Krise glaubte sich am 27. Oktober 1962 ein sowjetischer U-Boot-Kommandant im 3. Weltkrieg und befahl den Atomwaffeneinsatz.
    Zwei Offiziere mussten zustimmen, der eine tat's, der andere nicht, hieß >> Wassili Alexandrowitsch Archipow << - wäre sein Veto nicht gewesen, würden wir uns nicht unterhalten können.

    Dieser "Vorfall" wurde der Menschheit 40 Jahre lang verschwiegen, denn wir sollten unseren Atommächten glauben, sie hätten alles im Griff.

    2. Das #Feiglingsspiel, dass eine Atommacht eine andere Atommacht mit Atomwaffeneinsatzdrohung zu erpressen versucht, indem sie tut, als werde sie im Falle konventionell-militärischen Scheiterns die Atomwaffen einsetzen. - Dann wird es Glaubenssache.

    Das Wort #Feiglingsspiel mag albern klingen, ist jedoch unvermeidlicher Bestandteil einer auf Gegenseitigkeit basierten atomaren Abschreckungsstrategie, so sehr sie hofft,
    a) dass es nie dazu komme,
    b) dass schlimmstenfalls mit der "flexiblen Antwort" getan sei, denn
    c) "nicht auszudenken".

    Mit anderen Worten >> Dass ein Flugzeug starten, fliegen und landen kann, wie jeden Tag so oft und gut, besagt leider nicht, dass es das unter allen Umständen kann.

    Und bei Atomwaffen kommt es ausgerechnet darauf an, dass es keine Szenarien, keine Hasardeure geben darf, die für solche Ausnahmen sorgen können.

    Und da hoffen wir jetzt mal, dass Putin ein solcher Hasardeur nicht ist. - Das ist dann Glaubenssache, denn ohne jede erforderliche Garantie.

    Kann uns Putin erpressen?

    Mag sein, dass er mich erpressen könnte, denn völkerrechtlich bin ich der Auffassung, dass mein Verteidigungsrecht die Grenze hat, nicht die Menschheit aufs Spiel setzen zu dürfen,
    aber wahrscheinlich würde er es mit Atomwaffeneinsatz schaffen, auch mich so wütend zu machen, dass ihm der Kreml um die Ohren fliegt und die Menschheit in den Abgrund reißt.

    Nun kommt es zwar auf mich nicht an, denn die Atomwaffen befehligen andere, aber wahrscheinlich würden sie tun, wie ich von mir vermute, denn so sehen es ihre Doktrinen ja sogar explizit vor.

    122 Staaten sehen es aber wie ich, dass Atomwaffen geächtet gehören und einigten sich am 7.7.2017 auf ihren #Atomwaffenverbotsvertrag.

    Solchem Vertrag hätten sich auch die Atommächte zu fügen, denn mit Artikel 6 #Atomwaffensperrvertag war der Menschheit die Abschaffung aller Atomwaffen versprochen.
    Viele wissen davon nicht und glauben, es ginge darin nur um die Nichtweiterverbreitung.

    Aber das nur nebenbei, denn momentan sind wir hüben und drüben damit beschäftigt, "den Krieg zu gewinnen" - und das am Rande zum #Feiglingsspiel.

    Diskussionen.de
  • 02 März 2022

    Ukraine-Resolution der UNO-Sonderversammlung

    „Die Generalversammlung, [...]

    1. bekräftigt ihr Bekenntnis zur Souveränität, Unabhängigkeit, Einheit und territorialen Unversehrtheit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen, einschließlich ihrer Hoheitsgewässer;

    2. missbilligt auf das Schärfste die Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine unter Verstoß gegen Artikel 2 Absatz 4 der Charta;

    3. verlangt, dass die Russische Föderation ihre Gewaltanwendung gegen die Ukraine sofort einstellt und jede weitere rechtswidrige Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen jedweden Mitgliedstaat unterlässt;

    4. verlangt außerdem, dass die Russische Föderation alle ihre Streitkräfte unverzüglich, vollständig und bedingungslos aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen abzieht;

    5. missbilligt die Entscheidung der Russischen Föderation vom 21. Februar 2022 im Zusammenhang mit dem Status bestimmter Gebiete der Regionen Donezk und Luhansk in der Ukraine als eine Verletzung der territorialen Unversehrtheit und der Souveränität der Ukraine und als mit den Grundsätzen der Charta unvereinbar;

    6. verlangt, dass die Russische Föderation die Entscheidung im Zusammenhang mit dem Status bestimmter Gebiete der Regionen Donezk und Luhansk in der Ukraine unverzüglich und bedingungslos rückgängig macht;

    7. fordert die Russische Föderation auf, sich an die in der Charta und in der Erklärung über freundschaftliche Beziehungen¹ verankerten Grundsätze zu halten;

    8. fordert die Parteien auf, sich an die Minsker Vereinbarungen zu halten und in den einschlägigen internationalen Rahmen, einschließlich des Normandie-Formats und der Trilateralen Kontaktgruppe, konstruktiv auf deren vollständige Durchführung hinzuwirken;

    9. verlangt, dass alle Parteien den sicheren und ungehinderten Durchlass zu Zielen außerhalb der Ukraine gestatten und den raschen, sicheren und ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe für die Hilfebedürftigen in der Ukraine erleichtern, dass sie Zivilpersonen, einschließlich des humanitären Personals, und Menschen in verletzlichen Situationen, darunter Frauen, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, indigene Völker, Migrantinnen und Migranten und Kinder, schützen und die Menschenrechte achten;

    10. missbilligt die Beteiligung von Belarus an dieser rechtswidrigen Gewaltanwendung gegen die Ukraine und fordert das Land auf, seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen;

    11. verurteilt alle Verletzungen des humanitären Völkerrechts sowie alle Menschenrechtsverletzungen und -übergriffe und fordert alle Parteien auf, die einschlägigen Bestimmungen des humanitären Völkerrechts, einschließlich der Genfer Abkommen von 1949² und des Zusatzprotokolls I von 1977³, soweit anwendbar, strikt einzuhalten und die internationalen Menschenrechtsnormen zu achten, und verlangt in dieser Hinsicht ferner, dass alle Parteien die Schonung und den Schutz des gesamten Sanitätspersonals und ausschließlich medizinische Aufgaben wahrnehmenden humanitären Personals, seiner Transportmittel und Ausrüstung sowie der Krankenhäuser und anderer medizinischer Einrichtungen gewährleisten;

    12. verlangt, dass alle Parteien ihren nach dem humanitären Völkerrecht bestehenden Verpflichtungen vollständig nachkommen, die Zivilbevölkerung und zivile Objekte zu schonen, für die Zivilbevölkerung lebensnotwendige Gegenstände weder anzugreifen noch zu zerstören, zu entfernen oder unbrauchbar zu machen und humanitäres Personal und für humanitäre Hilfseinsätze verwendete Sendungen zu schonen und zu schützen;

    13. ersucht den Nothilfekoordinator, 30 Tage nach der Verabschiedung dieser Resolution einen Bericht über die humanitäre Lage in der Ukraine und über die humanitären Maßnahmen vorzulegen;

    14. fordert nachdrücklich die sofortige friedliche Beilegung des Konflikts zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine durch politischen Dialog, Verhandlungen, Vermittlung und andere friedliche Mittel;

    15. begrüßt und fordert nachdrücklich die fortgesetzten Anstrengungen des Generalsekretärs, von Mitgliedstaaten, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und anderer internationaler und regionaler Organisationen zur Unterstützung der Deeskalation der aktuellen Situation sowie die Anstrengungen der Vereinten Nationen, namentlich des Krisenkoordinators der Vereinten Nationen für die Ukraine, und humanitärer Organisationen zur Bewältigung der humanitären Krise und der Flüchtlingskrise, die durch die Aggression der Russischen Föderation entstanden sind;

    16. beschließt, die elfte Notstandssondertagung der Generalversammlung vorläufig zu vertagen und den Präsidenten der Generalversammlung zu ermächtigen, die Tagung auf Antrag von Mitgliedstaaten wiederaufzunehmen.“

    >> https://de.wikipedia.org/wiki/Resolution_ES-11/1_der_UN-Generalversammlung 

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  • 25 Januar 2022

    Ukraine-Konflikt

    Zur aktuellen Situation sei mal bloß dreierlei gesagt:

    1. Je peinlicher dem Putin der Rückzug gemacht wird, desto schwieriger wird er sich zeigen.

    2. Wer den Einmarsch verhindern will, darf deshalb nicht nur drohen, sondern sollte Moskaus Verhandlungsangebote möglichst ernst nehmen.

    3. "Rote Linien" darf es für militärischen Aktionismus geben, nicht aber für Verhandlungen.

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