13 Dezember 2012

Wirbel um den nordkoreanischen Raketenstart

Nordkorea hätte eigentlich andere Probleme, aber schießt "zum 100.Geburtstag des Staatsgründers" mit einer Rakete einen angeblichen Wettersatelliten ins All. Südkorea, Japan und die NATO kritisieren, es könne ein Langstreckenraketentest für das Nuklearprogramm sein. Das ist nicht unwahrscheinlich.
Westerwelle bestellt den nordkoreanischen Botschafter ein, der sicherlich über das Wetter sprechen wird. - So hat Politik keinen Zweck, denn entweder die internationale Gemeinschaft einigt sich darauf, dass niemand Weltraum- oder Langstreckenraketen bauen darf, ohne dass es durch die Vereinten Nationen kontrolliert und genehmigt wird, oder jedes Land darf es. Dann auch Nordkorea. Und je mehr Staaten ins All können, desto komplizierter dürfte es werden, ein vernünftiges und verbindliches Abkommen zu realisieren.

Hat sich Herr Westerwelle für solch internationales Recht eingesetzt? Wann wird er es tun?

08 Dezember 2012

USA: Wiederaufnahme von Atomwaffentests

Das in den USA für Atomwaffen zuständige Energieministerium führte am vergangenen Mittwoch in der Wüste von Nevada einen unterirdischen Atomwaffentest durch. Um nicht gegen das Atomwaffentestverbot zu verstoßen, sei der Versuch "subkritisch" durchgeführt worden, so dass keine atomare Kettenreaktion in Gang gekommen sei. Nach Angaben der Vereinten Nationen unternahmen die USA im Zeitraum von 1945 bis 1992 etwa 1032 Atomversuche. Seither schien es, als begnügten sich die USA mit Computersimulationen, so dass dieser Atomwaffenversuch ziemlich überraschen müsste, aber medial und erst recht politisch scheint man es hierzulande eher ignorieren zu wollen. Hingegen kann nicht überraschen, dass der Iran den Atomwaffentest als Beleg dafür kritisierte, dass die USA trotz aller Hoffnung auf eine atomwaffenfreie Welt weiterhin auf Atomwaffen setzen. Nordkorea dürfte der US-Atomwaffentest sehr willkommen sein, um die eigenen Anstrengungen zu rechtfertigen. - Ein Schwarzer Tag für die Weltsicherheit. Und ein schwerer Fehler des Friedensnobelpreisträgers Barack Obama.

06 Oktober 2012

Türkei auf Kriegskurs und Merkel mimt Unwissen

Erneut sei eine syrische Granate "50 Meter" auf türkischem Gebiet eingeschlagen und sei mit türkischen "Gegenangriffen beantwortet" worden, heißt es bei Tagesschau.de. Für Genaueres über die "Gegenangriffe" scheint man sich hierzulande wenig zu interessieren, obgleich es zwischen NATO-Bündnispartner ausreichend Info-Kanäle geben dürfte.

Stattdessen wird Merkel zitiert, die dem Weltsicherheitsrat Versagen unterstellt, weil Russland und China weitergehende Maßnahmen gegen Syrien blockiere, laut Tagesschau: "Wir stoßen hier wirklich auf Widerstände, die mir zum Teil kaum verständlich sind." Welchen Teil versteht sie denn nicht? Dann muss sie sich mal informieren oder notfalls den Westerwelle nach Moskau und Peking schicken. Und welchen Teil hat sie denn verstanden? Dann wäre dort anzusetzen und Gemeinsamkeit zu entwickeln, aber das will Merkel offenbar nicht, sondern bloß lästern und keinen einzigen tauglichen Vorschlag machen, mit dem die Widersprüche zwischen Russland, China und NATO vermindern oder Syrien auf den Weg der Besserung gebracht werden könnte.

Markus Rabanus >> Diskussionen

05 Oktober 2012

Syrien/Türkei: Massenmedien im Völkerrechtsirrtum

BILD.de, WELT.de und neben zahlreichen anderen Zeitungen bedauerlicherweise auch STERN.de behaupten, dass die türkische Regierung nach dem gestrigen Parlamentsbeschluss "freie Hand für Militäreinsätze im Nachbarland Syrien" habe. Diese Falschinformation beruht möglicherweise auf einer DPA-Meldung, aber solch eine Selbstmandatierung ist völkerrechtlich vollkommen abwegig. Auch die auf Antrag der Türkei in den gestrigen Abendstunden einberufene Sitzung des Weltsicherheitsrates erteilte keinerlei Freibrief, sondern forderte beide Seiten zur "Zurückhaltung" auf, ansonsten hätten sicherlich einige Atomwaffenmächte Veto eingelegt und doch hoffentlich auch Deutschland dagegen gestimmt. Markus Rabanus >> Diskussion

04 Oktober 2012

Syrien und Türkei brechen das Völkerrecht

Als Reaktion auf den syrischen Beschuss eines türkischen Dorfes verabschiedete das türkische Parlament gegen die Stimmen der Oppositionsparteien ein Gesetz, wonach die türkische Regierung zu einer militärischen Intervention berechtigt sei.
Der genaue Gesetzestext müsste recherchiert werden, aber sollte er ohne Vorbehalt der Zustimmung durch den Weltsicherheitsrat sein, wäre das Gesetz völkerrechtswidrig, denn militärische Selbstmandatierung über die eigenen hinaus ist unzulässig und zeugt von der nationalistischen Selbstüberschätzung, zu der Ministerpräsident Erdogan in Verkennung größerer Zusammenhänge immer mal wieder neigt.
Die kemalistische Partei CHP kritisierte das Gesetz entsprechend scharf und warf der Regierung vor, einen Weltkrieg zu riskieren.

Kriegsverbrechen
Aus syrischen und russischen Kreisen heißt es inzwischen, der syrische Beschuss sei ein "tragischer Unfall" gewesen. Bei diesem Angriff kamen in einem Dorf fünf Menschen um. Anschließend hatte die Türkei einen Racheangriff geflogen, bei dem 34 Menschen zu Tode gekommen seien. Vermutlich sämtlich unschuldig an dem vorherigen Beschuss, somit ein türkisches Kriegsverbrechen.
Die syrische Regierung entschuldigte sich derweil bei der türkischen Regierung, die eigenen Opfer des Gegenangriffs sind ihr so eigen dann offenbar auch nicht, dass die Entschuldigung mit einer Protestnote einher gegangen wäre.

Reaktionen 
Merkel "mahnt zur Besonnenheit". Westerwelle vermutlich ebenfalls. Richtiger wäre es mit Hinweis gewesen, worauf es sich zu besinnen gilt: Auf das Völkerrecht; und wenn die eigens zu dem Zwischenfall einberufene NATO-Sondersitzung der Türkei deutlich gemacht hätte, dass es den Weltsicherheitsrat einzuschalten gilt. Solch Rechtshinweis gab es offenbar nicht, sonst hätte Erdogan heute vermutlich auf die parlamentarische Vollmachteinholung verzichtet. Im Gegenteil verurteilte die NATO zwar den syrischen Angriff in gebotener Schärfe, aber die türkische Überreaktion mal wieder nicht. Die NATO begibt sich mit solcher Politik auf gefährliche Abwege.
Eine Reaktion des Generalsekretärs der Vereinten Nationen steht aus.

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28 September 2012

Neuer Nahost-Friedensplan

Wer das Existenzrecht Israels anerkennt und verteidigt, nicht aber mit gleicher Entschlossenheit das staatliche Existenzrecht der Palästinenser, wie es Abbas vergeblich von der UNO verlangte, beschert auch Israel keinen Frieden, sondern mehrt nur den Hass und verspielt der Welt jede Glaubwürdigkeit. Hier ein nach längerer Zeit überarbeiteter Nahost-Friedensplan, jetzt auch per Domain unterstützt >> www.nahost-friedensplan.de

Rede von Abbas an die Vereinten Nationen

17 September 2012

Japanisch-Chinesische Inkompetenz

Der Streit um ein paar Felsen im Meer und darunter vermuteter Rohstoff-Vorkommen führte in chinesischen Städten zu Demonstrationen und Gewalttaten gegen japanische Einrichtungen. Japanische Geschäftsleute wurden gejagt und verprügelt. Japanische Unternehmen stellten den Betrieb ein.

Seit Jahrzehnten verabsäumten Japan und China die Aussöhnung, derer es nach dem Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg bedurft hätte. Im Gegenteil werden in beiden Staaten Initiativen als "Verräter" gebasht, die Aussöhnung auf der Grundlage einer selbstkritischen Geschichtsaufarbeitung fordern. Stattdessen Geschichtsklitterung an den Bildungseinrichtungen und in den Medien, so dass die Unruhen nicht erstaunen können, allenfalls erzürnen müssen, denn es ist inakzeptabel, dass zwei derart wichtige Nationen keine intellektuellen Fortschritte machten.

Was müsste die Bundesregierung tun?

Merkel und Westerwelle sollten und dürften die Botschafter einbestellen und unter Hinweis auf den Umgang mit der eigenen Geschichte Tokio und Peking zur Aussöhnung auffordern und die Ausplünderung der Rohstoff-Ressourcen gütlich regeln, wenn sie es denn nicht lassen mögen.

Markus Rabanus >> Diskussion

12 September 2012

Posting an MDB-Gernot Erler (SPD) zu Atomwaffen in Deutschland

Sehr geehrter Herr Erler, darf ich Ihre Kritik so verstehen, dass die SPD einen qualifizierten Protest gegen den Verbleib von Atomwaffen einlegt und für den Fall einer Regierungsübernahme deren Abzug ankündigt? Dann würde die US-Regierung in Anbetracht klammer Kassenlage vermutlich auf Modernisierungen verzichten. Oder will es sich die SPD bequem machen und später "Wir waren dagegen!" sagen, "aber sind an das Abkommen gebunden."??? - Das alles hatten wir schon. Und viele Bürger sind es leid, wenn Opposition nur Lästerei ist und keine Alternative.

Mit freundlichen Grüßen, Markus Rabanus >> Diskussion

Die "Blockfreien" sind noch immer wichtig

Kurze Begründung, warum ich die Organisation der "Blockfreien" noch immer für wichtig und erforderlich halte:

1. Mir scheint der Ost-West-Konflikt zwar in seiner ideologischen Systemgegensätzlichkeit überwunden, nicht aber in der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Konkurrenz, die tatsächlich noch immer "Blöcke" bildet, wie an allerlei Allianzen und dem Streit an Verschiebungen erkennbar, siehe "NATO-Osterweiterung", ...

2. Mangels tatsächlicher Gleichberechtigung in der UNO und der dortigen VETO-Privilegien ausgerechnet für fünf Atomwaffenstaaten haben die "Blockfreien" noch immer zu wenig Gewicht, brauchen daher ein eigenes Forum neben ihrer eingeschränkten Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen.
Gut auch, dass sich die Blockfreien nicht als Konkurrenz zur UNO verstehen, auch wenn das einige Staaten möglicherweise wünschen - und gut auch, dass der UN-Generalsekretär an den Veranstaltungen der Blockfreien teilnimmt, auch wenn das wiederum einigen Staaten nicht passt. Mir wäre lieb gewesen, wenn sich Deutschland vergleichbar interessiert gezeigt hätte.

3. Dass die "Blockfreien" einander nicht in allen Fragen grün sind, liegt in der Natur seriöser Blockfreiheit, sonst wäre sie selbst ein Block.

4. Und wir Europäer müssen mal irgendwann lernen, auch auf Staaten zu hören, die uns militärisch weniger oder gar nicht verbündet sind.

Markus Rabanus >> Diskussion

11 September 2012

Zum 11.September - Scherben statt Lehren



Was zu den großen Irrtümern der internationalen Politik zählt:

1. Dass es genüge, den eigenen Kreisen zu gefallen, zumal von denen gewählt und beauftragt, was zwar demokratisch klingt, aber bloß Lobbyismus ist und weder innerhalb einer Gesellschaft noch der Welt genügen kann, wenn nicht alles Tun immer auch unter dem Vorbehalt derer steht, die davon betroffen sind.

2. Dass von anderen verlangt werden dürfe, was nicht auch in Umkehrrichtung gilt, z.B. Atomwaffenverbote, Unterstützung von Aufständischen in anderen Staaten ohne UNO-Mandat, Anerkennung von staatlichen Existenzansprüchen, Wasserrechte, Fischfangrechte, überhaupt die Rechtsanmaßung zur Plünderung von Rohstoff-Ressourcen ohne Gegenleistung an die Weltgemeinschaft, ...

3. Dass diplomatische Beziehungen abgebrochen werden, wie es noch immer in der UNO-Charta steht und schlechtes Gewohnheitsrecht aller Staaten ist, sich in Sprüchen findet wie: "Mit Terroristen sprechen wir nicht", desgleichen mit Kriegsverbrechern, obgleich die Völker deren Geisel sind und niemand die Telefonleitung kappen würde, wenn der Entführer des eigenen Sohns anruft, um Lösegeld zu erpressen. Aber die Politik will anders als Eltern mit "Härte" imponieren, die allenfalls dann angebracht wäre, wenn das Kind, wenn die Völker außer Gefahr wären und die Jagd nach dem Verbrecher Erfolg verspricht.

4. Dass Terrorismus Kriege rechtfertige - ist ebenfalls ein großer Fehler, wie aus dem 1.Weltkrieg zu lernen gewesen wäre.

Statt solche Lehren zu ziehen, wurden Kriege geführt. Die Welt wurde unsicherer, denn die Kriege mehrten den Hass und die Terroranschläge.

Markus Rabanus >> Diskussion

02 September 2012

Opferzahlen und Kosten des Afghanistankrieges

Über die Gesamtzahl der Todesopfer des seit dem 7. Oktober 2001 offiziell geführten Krieges fehlt es an verlässlichen Erhebungen. Bei Wikipedia finden sich folgende Angaben: 3.000 getötete Koalitionssoldaten, darunter 53 Bundeswehrsoldaten, ...
Während einige Quellen besagen, dass die Zahl der afghanischen und sonstigen Kriegstoten etwa von gleicher Höhe wie die Zahl der getöteten NATO-Soldaten sei, gehen andere Quellen von zehnfach höheren Opferzahlen aus.
Mit Opferzahlen des von der Sowjetunion geführten Afghanistankrieges tat man sich im Westen leichter und bezifferte sie mit 1,5 Mio. Kriegstoten zwischen 1979 und 1989 (10 Jahre). Und anschließend gingen die Bürgerkriege weiter.

Die Kosten des heutigen Afghanistankrieges werden auf ca. 150 Mrd. US-Dollar pro Jahr geschätzt. Dürften diese Kosten auf die ca. 30 Mio.Einwohner umgerechnet werden, so wären das 5000 US-Dollar pro Kopf und das Zehnfache des Bruttoinlandsprodukts.

150 000 000 000 US-$ / 30 000 000 Einw. = 5000 US-$ pro Kopf und Jahr, zusätzlich noch die Milliarden Kriegskosten auf Seiten der Taliban, in Pakistan usw. = abermaliges Komplettversagen all jener, die diesen Krieg provozierten und sich provozieren ließen, auf Hass, Waffen und Generäle anstatt auf Entwicklungsarbeit und Diplomaten setzten.
Komplettversagen all jener, denen die Terroranschläge vom 11.September ein "Kriegsgrund" waren, als sei aus dem Terroranschlag von Sarajewo nicht zu lernen gewesen, dass es kein Grund für den 1.Weltkrieg war, als sei aus dem Fiasko von des sowjetischen Afghanistankriegws nichts zu lernen gewesen.

Die Zahl der in Afghanistan stationierten NATO-Soldaten wird gegenwärtig mit 130.000 angegeben. Bis Ende 2014 soll "ein Großteil" der NATO-Truppen abgezogen werden. 13 Jahre Krieg. Und der Bürgerkrieg geht weiter.

Was es braucht: Seit Kriegsausbruch fällt mir zu diesem Konflikt leider nur ein, dass es den Dialog mit den Taliban braucht, auf die folglich keine Jagd stattfinden darf, Schadensersatzzusagen für ein Wiederaufbauprogramm, Truppenabzug und Asyl für alle, die in Folge des vermurksten Feldzugs in Bedrängnis geraten können. Alles eher gestern als aufgeschoben, ob 2001, 2012, 2014 oder 2020. - Solcher Frieden wird teuer, aber allemal billiger als die Fortsetzung des Krieges.

Markus Rabanus >> Diskussion

18 Juli 2012

Asyl- und Waffenstillstandsvorschlag für Syrien

Präsident Assads gegenüber UNO-Sondervermittler Kofi Annan geäußertes "Nachdenken", ob eine gemeinsam mit den Aufständischen zu bildende Übergangsregierung möglich sei, kommen offenbar nicht voran - und mit Assad als Teil davon mit Sicherheit zu spät.
Bundeskanzlerin Merkel oder Außenminister Westerwelle sollten in dieser Situation China und/oder Russland bitten, Assad Asyl anzubieten, um die Bildung einer Waffenstillstands-Regierung unter Aufsicht möglichst ägyptischer UNO-Streitkräfte anzuschieben, bevor das Land restlos im Bürgerkrieg versinkt.

Hintergrund: Die vor drei Tagen in Damaskus ausgebrochenen Kämpfe weiten sich aus. Kampfhubschrauber russischer Bauart beschießen von Rebellen "eroberte" Stadtviertel. Bombenattentäter töteten den Verteidigungsminister Radscha und einen Schwager Assads. Auch der syrische Innenminister soll verletzt worden sein.

Markus Rabanus >> Diskussion

27 Juni 2012

NATO und Erdogan auf völkerrechtlichen Abwegen

Die NATO "verurteilte" Syrien "aufs Schärfste", Erdogan drohte gar mit Krieg für den Fall syrischer Truppenbewegungen in Grenznähe. Erdogans Krieg wäre völkerrechtswidrig. Das gehört ihm klar und deutlich gesagt, damit er zumindest gehört hat, mit welchen Sprüchen er seiner Anhängerschaft die Stimmung heben darf. Und mit welchen nicht.

Das Konzept ist mal wieder, dass gegen ein in Ungnade gefallenes Regime jede Hetzerei und jedes Handeln passend sei.

Russland wendet ein, der Abschuss dürfe nicht als "Provokation oder vorsätzliches Handeln" gesehen werden, die Türkei und Syrien seien zum Dialog aufzufordern. Richtig, aber weniger richtig, dass Russland Syrien mit Waffen beliefert. Russland möchte sich eben den Stützpunkt am Mittelmeer wahren und Syrien als Waffenabnehmer. Unfeine Motive, aber dann wäre darauf zu achten, dass die NATO nicht die gleichen Motive verfolgt, wie bereits durch NATO-Osterweiterung und anderen Regionen geschehen, was es rückzufahren gilt.

Eine Verurteilung Syriens soll sein, aber Erdogans Türkei muss aufgefordert werden, vorerst auf "Testflüge" mit Kampfjets in dieser Region zu verzichten, denn die übrige Menschheit hat schon erst recht kein Interesse an Kriegen, die durch "Abirren vom Flugkurs" ausbrechen.

Markus Rabanus >> Diskussionen

25 Juni 2012

Zum Abschuss des türkischen Kampfjets

Nachdem die Türkei einräumte, den syrischen Luftraum mit einem Kampfjet verletzt zu haben und Syrien den Abschuss der Maschine bedauerte, macht die türkische Regierung den Zwischenfall für die morgige NATO-Tagung zum Thema. Die Türkei wirft Syrien vor, das Kampfflugzeug habe sich auf einem Testflug befunden, versehentlich den syrischen Luftraum verletzt, sei erkennbar unbewaffnet gewesen und von türkischer Seite zum Abdrehen aufgefordert worden, dennoch von Syrien ohne Warnung in internationalem Luftraum angegriffen worden, was sich durch den Wrackfund in internationalen Gewässern 13 Seemeilen vor der syrischen Küste bestätige. Exakte Koordinaten wurden bislang nicht genannt.
Jeder dieser Vorwürfe scheint untersuchungsfähig und untersuchungswürdig, so dass diese Untersuchung zunächst stattfinden müsste, bevor eine abschließende Beurteilung möglich ist.

Trotzdem lässt sich schon immer allgemein dazu sagen, dass es in angespannten Zeiten besonders darauf ankommen muss, militärische Aktivitäten auf Abstand zu halten, um versehentliche Provokationen und Missverständnisse zu vermeiden, denn je geringer die Vorwarnzeiten, desto schwerer können sich kleinste Fehler auswirken und militärische Eigendynamik entfalten. - Dieses Risiko ist allgemein bekannt, so auch der Türkei, Syrien und der NATO. Nur werden noch immer keine ernsthaften Konsequenzen daraus gezogen, wie es beispielsweise mit Verabredung von militärischen Flugverbotszonen an Grenzen mühelos möglich wäre.

Markus Rabanus >> Friedensforum

15 Juni 2012

Zum Streit um die Falkland-Inseln

Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner verlangt von der UNO Verhandlungen zum Anspruch ihres Landes auf die Falkland-Inseln.
Der britische Premier David Cameron (Conservative Party) konterte umgehend, dass er den britischen Besitz "gegen jede neuerliche Aggression verteidigen" werde, dass es "absolut" keine Verhandlungen geben werde, dass es nicht "irgendein globales Monopoly-Spiel" sei, bei dem Territorien zwischen Ländern hin und her geschoben würden (berichtet Tagesschau.de).

Von genau solch "globalem Monopoly" mit Hin- und Herschieberei zeugt indes auch die Geschichte der Falkland-Inseln:

1592 vom englischen Seefahrer John Davis "entdeckt", was Kolonialisten gleichbedeutend mit "Inbesitznahme" durch Fähnchen-Aufstellung war, in diesem Fall jedoch nicht, denn der durch Sturm vom Kurs abgekommene Seefahrer schien entweder die Anlandung auf diesem unwirtlichen Felsen-Archipel zu uninteressant oder unmöglich.
98 Jahre später kam der nächste Seefahrer vorbei und setzte den Fuß auf die Felsen. Ein großer Schritt für den Seemann, ein damals unbedeutender Schritt für Großbritannien auf den langwegigen Raubzügen im "globalen Monopoly" jener Zeit und war damit nicht allein, denn Port-Louis auf Ostfalkland wurde 1764 unter französischer Herrschaft gegründet, die Briten errichteten 1766 rasch einen "Stützpunkt", zogen nach 8 Jahren wieder ab, die Franzosen "übergaben" im 1766 an die Spanier, die Spanier stellten 1811 den Unterhalt der Kolonie ein, behielten sich aber den Gebietsanspruch, aber als Großbritannien 1833 einen Flottenstützpunkt errichtete, war die Sache "europäisch entschieden". Für Argentinien nicht, was in europäischen Hauptstädten vermutlich keine Bedeutung hatte.

Die argentinische Militär-Junta überfiel am 2. April 1982 die kaum 400 km vor der argentinischen Südküste im Atlantik befindlichen Falklandinseln, die britische Regierungschefin Margret Thatcher schickte die Flotte hin. Beim gegenseitigen Schiffeversenken kamen ca. 650 Argentinier und ca. 250 Briten in den eisigen Gewässern ums Leben, ehe die Militär-Junta nach 74 Tagen und Nächten kapitulierte.

Und heute? Auf den Inseln leben ca. 2800 Leute und wohl auch einige Schafe. Das dürfte für Argentinien und Großbritannien kulturell und wirtschaftlich vollends unwichtig sein. Brisanter seit 1998, als Ölvorkommen entdeckt wurden. Wem gehört das Öl, wer saugt es wem weg, denn die Ölvorkommen sind nun mal nicht in Kanistern unter der Erde, sondern ...

Die argentinische Regierung will per Volksbefragung ihre Besitzansprüche klären. Das mag der Selbstklärung dienen, aber völkerrechtlich ist es ohne Belang, denn Abstimmungen zulasten Dritter sind so nichtig wie Verträge zulasten Dritter.

Was soll die dt. Außenpolitik tun?

Westerwelle soll sich speziell dafür einsetzen, dass sich die Streitparteien über die etwaige Ölförderung einigen.

Westerwelle soll sich allgemeiner dafür einsetzen, dass jeglicher um Naturressourcen eigentlich unzulässig ist, weil die Menschheit einen gemeinsamen Besitzanspruch geltend zu machen hätte und den Staaten keine eigenen Militärs zu belassen dürfte, mit denen sie dann immer wieder mal ihre vermeintlichen "Rechte" durchsetzen.

Markus Rabanus >> Diskussion

11 Juni 2012

Russland und NATO wie im Kalten Krieg

Seit Jahren herrscht Streit zwischen NATO und Russland um das von der NATO forcierte Raketenabwehrprogramm. Die NATO beteuert zwar, dass sich dieses Rüstungsprojekt nicht gegen Russland richte, verweigert Russland jedoch gemeinsame Kommandostrukturen und verschafft sich auf diese Weise einseitig militärische Fähigkeiten - obendrein im Zuge der NATO-Osterweiterung unter Einbeziehung der Territorien ehemaliger Ostblockstaaten.
Die Situation scheint verfahren, denn auf beiden Seiten dieses Konflikts agieren Regierungen in den Traditionen des Kalten Krieges, wollen sich gegenseitig vor vollendete Tatsachen stellen, ohne innenpolitisch auf nennenswerten Widerstand zu stoßen. So versagten auch SPD und GRÜNE in dieser Problematik seit Jahren, so dass die Friedensforschung und Friedensbewegung weitgehend isoliert sind, während zunehmend auch deutsche Rüstungsunternehmen Projektbeteiligung suchen und finden.
Derweil eskaliert der Streit in Richtung Wettrüsten und zu militärischen Drohgebärden, denn Moskau will sich die Schlagfähigkeiten erhalten, reaktivierte mit den strategischen Bombern die teuren und gleichermaßen gefährlichen Fernflüge und testete innerhalb von vierzehn Tagen zwei Langstreckenraketen (z.B. "Topol M"), die wegen ihrer semiballistischen Flugbahn nach russischen Angaben jede Raketenabwehr überwinden können.

Markus Rabanus >> Diskussion

05 Juni 2012

Positionen von SPD und GRÜNE zum Iran-Konflikt

Auf das Rundschreiben an die Parteien hat bislang einzig die SPD geantwortet.

Sehr geehrter Herr Markus Rabanus,
vielen Dank für Ihre E-Mail, die uns am 12.04.2012 erreicht hat.
Die SPD teilt voll und ganz Ihre Meinung: der Iran braucht keine Atomkraft und wir keine weitere Atomnation.
Freundliche Grüße
Tessa Mollenhauer-Koch
SPD-Parteivorstand
Direktkommunikation

Erfreulich ist die im Ziel zustimmende Antwort - erst dann so recht, wenn es auch in die öffentliche Iran-Politik der SPD einfließt und die Regierungen erreicht, Ahmadinedschad in Erklärungsnot bzw. zum Einlenken bringt.

Indes dokumentiert sich bei den GRÜNEN grünes Umdenken zum Iran-Konflikt. Noch im Beschluss v. 28.April 2012 unter dem Titel "Konflikt um das iranische Atomprogramm ohne militärische Gewalt lösen!" wurde zwar "konstruktive" Verhandlungsweise gefordert, aber es fand sich konkret nichts in Richtung einer energiepolitischen Alternative zum iranischen Atomprogramm.
So überrascht positiv, dass die MdB Hans-Josef Fell und Omid Nouripour unter dem Titel "Solarprogramm für den Iran - Mit Erneuerbaren Energien die iranische Atombombe verhindern?" ein Positionspapier mit Datum 21.05.2012 vorlegten, in dem es u.a. heißt: "Diplomatie sollte immer alle möglichen friedlichen Mittel in Spiel bringen, wozu auch ein Angebot an den Iran zur Nutzung der erneuerbaren Energien gehört."
Zum Positionspapier >> PDF-Link
Nebst Brief an Außenminister Westerwelle >> PDF-Link

24 Mai 2012

"Smart Defense" der NATO weder "smart" noch "Defense"

Solange sich die NATO das Privileg vorbehält, auch ohne UN-Mandat als weltweite Interventionsmacht zu agieren, überhaupt nur Angriffskriege führte und führt, ist ihr Gequatsche von "Defense" purer Zynismus.
Dass die NATO mit Russland keine politische Verständigung sucht, sondern die Territorien kaum weniger zweifelhafter Staaten des ehemaligen Ostblocks für Stützpunkte an Russlands Grenzen nutzt, steht für das Streben nach einer militärischen Überlegenheit, die ebenfalls nichts mit "Defense" zu tun hat, sondern militärische Erpressung ermöglicht, die sicherheitspolitisch unvereinbar ist, weil sie die Interessenwidersprüche verschärft und militarisiert.
"Smart" ist diese NATO-Politik allenfalls für die Rüstungslobby, denn Entspannungspolitik und Abrüstung ist genau das, was diese Kreise NICHT wünschen.

Markus Rabanus >> Diskussion

22 Mai 2012

Friedensgutachten 2012

Vorstellung des Friedensgutachtens am 22. Mai 2012 in Berlin von Bruno Schoch, HSFK
Presseerklärung 2012 Friedensgutachten.de

Globale Machtverschiebungen verlangen nach gemeinsamer Sicherheit und Kooperationsmacht
Vorbei sind die Zeiten unangefochtener Dominanz des Westens. Die aufstrebenden Mächte, für die sich das Kürzel BRICS eingebürgert hat, gewinnen an Einfluss. Die friedenspolitischen Implikationen dieser Verschiebungen stehen im Fokus des diesjährigen Friedensgutachtens.

Kein Nullsummenspiel
Die USA geben für ihr Militär mehr Geld aus als der Rest der Welt zusammen. Sind sie dadurch sicherer geworden? Wir bezweifeln es. Militärische Überlegenheit konnte die Regime in Afghanistan und im Irak stürzen, doch beide Länder bleiben unbefriedet. Von den Kosten ganz zu schweigen. Während die USA zwei Kriege führten und ihr Militärbudget in zehn Jahren auf über 700 Mrd. USD verdoppelten, brachte China seine Wirtschaft voran und hortete Devisen. Dem Aufstieg der BRICS-Staaten korrespondiert der relative Abstieg des Westens – das erzeugt Ängste und nährt alarmistische Stimmen. Sie beschwören eine angeblich unvermeidliche Konfrontation, für die man sich wappnen müsse. Doch es gibt kein Naturgesetz, dem zufolge Machtübergänge zu Kriegen führen. Die Ökonomien des aufsteigenden Ostens und des von der Krise gebeutelten Westens sind so miteinander verflochten, dass Machtverschiebungen kein Nullsummenspiel sind. Aufsteigende Mächte widersetzen sich der Dominanz der alten – ihr antihegemonialer Impuls reicht aus, um aus den politisch und wirtschaftlich heterogenen BRICS-Staaten eine eigene Gruppe zu bilden. Doch verdanken die erfolgreichen unter ihnen den Boom, der in China Millionen aus bitterer Armut befreit hat, der bestehenden Weltwirtschaftsordnung. Warum sollten sie diese beseitigen wollen?
Diesen Zusammenhang verkennt, wer einen neuen System-Antagonismus beschwört. Gewiss erzeugt die Globalisierung überall Unsicherheiten. Doch für das politische System der VR China bedeutet die Öffnung eine ungleich größere Herausforderung. Wir sehen keinen Grund, Abstriche von unseren demokratischen Werten zu machen oder Ängste vor dem wachsenden Einfluss der BRICS-Staaten zu schüren. Wir plädieren vielmehr dafür, dass die BRICS-Staaten mehr internationale Verantwortung übernehmen. Das ist der richtige Kerngedanke im neuen Regierungskonzept zu den „Gestaltungsmächten.“ Er impliziert den Verzicht auf Paternalismus ebenso wie Verlässlichkeit in der Europäischen Union und in der Kooperation mit den USA.

Krise der EU: Führungsverantwortung und Solidarität
Die EU, mit ihrer Krise beschäftigt, ist nicht auf der Höhe der Zeit. Eine Regulierung des gesamten Finanzmarktes ist dringend geboten. Doch die Banken bleiben ungeschoren. Stattdessen wird ganz Europa einem drakonischen Spardiktat unterworfen, das die schwächeren Volkswirtschaften in die Rezession treibt. Wir wiederholen unsere Forderung aus dem letzten Jahr: Die Verpflichtung zur Solidität ist mit europäischer Solidarität zu verknüpfen. Damit die besonders gebeutelten Länder wieder auf die Füße kommen, brauchen wir einen „New Deal für Europa.“ Sonst drohen Europa und der Sozialstaat vollends unter die Räder zu geraten.
Die Euro-Krise drängt das wirtschaftliche Schwergewicht Deutschland in eine europäische Führungsverantwortung. Rufe danach werden lauter, aber zugleich auch Ängste vor einem übermächtigen Berlin. Führungsverantwortung ist etwas anderes als Herrschaft. Sie organisiert den Konsens mit den anderen, indem sie deren Interessen berücksichtigt. Man nennt das Kooperationsmacht. Friedenssicherung nicht durch Machtpolitik, Gleichgewichtsdenken und Aufrüstung, sondern durch Souveränitätsverzicht, Integration und Überwindung alter Feindbilder – diese Erfolgsgeschichte der EU kann ein Vorbild für zivile Kooperationsmacht sein.
Kein Vorbild hingegen gibt die EU beim Thema Einwanderung ab. Renationalisierung und die Abschottung der „Festung Europa“ verhindern Solidarität und widersprechen dem Angebot, mit den Transformationsgesellschaften des Arabischen Frühlings enger zu kooperieren. Erforderlich ist ein Perspektivenwechsel in der europäischen Migrations- und Asylpolitik.

Demokratien können scheitern
Die Machtverschiebungen betreffen nicht nur die zwischenstaatlichen Beziehungen, sondern haben noch eine andere Dimension: die Diffusion von Macht zu nichtstaatlichen Akteuren. Dazu gehören Banken und Rating-Agenturen, transnational organisierte Kriminalität und Terrorismus. Auf ganz andere Weise artikulieren Bürgerbewegungen wie Occupy und Online-Kampagnen Protest gegen den zügellosen Finanzkapitalismus. Die Diffusion von Macht stellt die Steuerungsfähigkeit der Politik in Frage. Mehr als früher befassen wir uns mit den gesellschaftlichen Folgen der Globalisierung. Denn die sich vertiefende Kluft zwischen Arm und Reich nagt an der demokratischen Legitimität, verschärft Ausgrenzung und Rassismus und bedroht den inneren Frieden. „Es geht um eine wirtschaftliche Demokratie“, propagierte einst Roosevelts Economic Bill of Rights. Das erscheint uns durchaus aktuell: Dass Demokratien scheitern können, darf nicht in Vergessenheit geraten.

Endlich neues Denken
Die globalen Machtverschiebungen verlangen neues Denken: Sicherheit ist nicht mehr gegen, sondern nur noch miteinander zu erreichen. Geboten ist deshalb ein neuer Schub für Rüstungskontrolle und Abrüstung. Wir widersprechen der Rüstungslobby, die mehr Rüstungsexporte verlangt – das Panzergeschäft mit Saudi-Arabien ist ein fatales Signal. Der friedenspolitisch richtige Weg lautet: Konversion. Da Kleinwaffen weltweit am meisten Todesopfer fordern, schlagen wir vor, den Export des G36-Gewehrs und der Maschinenpistole MP5 – und auch den Verkauf von Lizenzen zu deren Herstellung – zu unterbinden.
Anlass zur Sorge gibt die Ausweitung des Drohnen-Krieges. Diese Hightech-Waffen machen den Krieg unsichtbar und billiger, minimieren eigene Todesopfer und senken so die Hemmschwelle zum Griff nach militärischer Gewalt. Gezielte Tötungen von Verdächtigen verstärken den irregulären Charakter des Krieges und weiten die Grauzone aus, in der die Drohnen zum Einsatz kommen. Zudem löst der Run auf Drohnen neues Wettrüsten aus. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für die Aufnahme bewaffneter Drohnen als eigenständige Kategorie in das UN-Waffenregister einzusetzen und mittels Rüstungskontrolle auf ihre Ächtung zu drängen.

Grenzen des Interventionismus
Um Völkermord und Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und „ethnische Säuberungen“ zu unterbinden, hat sich die UN-Vollversammlung zum Prinzip der Responsibility to Protect (R2P) – notfalls mit dem allerletzten Mittel der Intervention – bekannt. Dagegen steht das Kriegsverbot der UN-Charta. Damit es nicht aufgeweicht wird, bemüht sich der UN-Generalsekretär, Kriterien zu entwickeln, die es gestatten, die Prinzipien Friedenspflicht und Schutzverantwortung in der Praxis zu versöhnen. Deutschland sollte Ban Ki Moon dabei unterstützen.
Seit Monaten reißen beklemmende Berichte über die Massaker in Syrien nicht ab, sie haben bereits 10.000 Todesopfer gefordert. Eine Militärintervention schließt der Westen aus – aus guten Gründen. Sollte auch die Vermittlungsinitiative von Kofi Annan scheitern, verweisen wir auf die Erfahrungen im Libanon. Dort einigten sich nach einem 15 Jahre währenden Bürgerkrieg, der 100.000 Todesopfer kostete und den keine Seite gewinnen konnte, die Antagonisten 1990 auf ein Friedensabkommen. Mit der Formel „Keine Sieger, keine Besiegten“ wurde eine Teilung der Macht möglich – gewiss eine prekäre Balance. Wäre ein „schmutziger Frieden“ nicht auch in Syrien einem endlosen Bürgerkrieg vorzuziehen? Ungeachtet dessen muss die Staatengemeinschaft in Syrien humanitäre Hilfe leisten und die Nachbarstaaten bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge unterstützen.
Israelische Regierungsmitglieder kündigen seit Monaten an, man werde Irans Nuklearprogramm mit Luftschlägen stoppen. Das wäre völkerrechtswidrig. Damit könnte man zudem Teherans Atomprogramm zwar verlangsamen, aber nicht stoppen – im schlechtesten Fall würde es sogar beschleunigt. Es gibt keine Alternative zur Diplomatie. Wir schlagen vor, die Forderung fallenzulassen, Iran müsse die Urananreicherung aussetzen. Teheran ist aber die Ratifikation und Anwendung des Zusatzprotokolls der IAEO abzuverlangen, das umfassende Kontroll- und Inspektionsrechte beinhaltet. Eine Strategie der Deeskalation muss Sicherheitsgarantien für Israel und Iran enthalten und sie mit der Perspektive einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten verbinden.
In der zusammenwachsenden Welt des 21. Jahrhunderts brauchen wir keine Nuklearwaffen, sondern umgekehrt glaubwürdige Schritte in Richtung Global Zero. Die aktuellen internationalen Machtverschiebungen bergen auch friedenspolitische Chancen. Es wäre fatal, diese durch falsche Weichenstellungen zu verpassen.

Verantwortlich für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:
Dr. Christiane Fröhlich

19 April 2012

Berlin in Reichweite indischer Atomwaffen

Mit dem heutigen Test der neuen Langstreckenrakete vom Typ Agni V erweitert Indien zum zweiten Mal seine Atomwaffendoktrin. War das indische Atomwaffenprogramm in den Anfängen als "Abschreckung gegenüber Pakistan" propagiert, was Pakistan mit eigenen Atomwaffen konterte, erweiterte sich die indische Atomschlagsfähigkeit mit der Agni III, Agni IV (Reichweite ca. 3500 km) gegen Peking, mit der 6400 km weitreichenden Agni V jetzt auch Moskau und Berlin. Die 17 m lange und 50 t schwere Rakete kann Atomsprengköpfe mit zu einer Tonne ins Ziel bringen. Dass Indien mit diesem Status keinen Schlussstrich zieht, wird sich erweisen, wenn mit der nächsten Trägerraketen-Generation auch Washington einprogrammiert werden kann.
Indien behauptet zwar stets (wie auch andere Atommächte), keine Erstschlagsstrategie zu verfolgen, aber dafür gibt es letztlich so wenig Gewähr wie bei jedem konventionellen Waffensystem. Für die militärische Beurteilung von Rüstungen ist ausschließlich relevant, wozu sie objektiv befähigen, denn politische Verhältnisse und Absichten können sich ändern. Und schon die nur wenig gelüfteten Geheimnisse des Kalten Krieges zeigen, wie oft es zu "Missverständnissen" und Fehlfunktionen kam, die zum atomaren Schlagabtausch hätten führen können.
Indien ist nicht Mitglied des Atomwaffensperrvertrags, wird trotzdem(seit George W. Bush) in seinem Atomenergieprogramm unterstützt, womit die USA gegen den Atomwaffensperrvertrag verstieß, dafür gleichwohl den politischen Segen auch der EU bekam, die vermutlich ebenfalls am indischen Atomprogramm mitverdienen möchte. Indien will Augenhöhe mit den Supermächten.
Solange den Supermächten geduldet ist, dass sie sich mit Atomwaffen wichtig machen, werden andere Staaten atomar nacheifern.

Markus Rabanus  >> Diskussionen.de