12 Dezember 2004

Verbesserter Nahost-Friedensplan

Verbesserter Nahost-Friedensplan:
>> www.inidia.de/nahost-friedensplan.htm

Es flossen präziser gewordene Erkenntnisse unserer kleinen Friedensforschung ein, dass Verhandlungen nicht von "Vorbedingungen" abhängig sein dürfen.

Die Präambel entfiel und wurde entpolemisiert in die Schritte eingearbeitet, wobei sie sich als realistische Anforderungen an den UN-Sicherheitsrat herausstellten, die aber auch in der Nahost-Politik anderer Nationen von diesen für die UN beigeholt werden könnten.

Die Beendigung der israelischen Besatzung wurde klarer von kalkulierbaren Verhältnissen in den Palästinensergebiete abhängig gemacht.

Die Regelungen betreffend die israelischen Siedlungen auf Palästinensergebiet wurden in zwei Alternativen konstruktiver.

Hinsichtlich Jerusalems wurde dem ursprünglichen die ganze Stadt betreffenden Sonderstatus die alternative Möglichkeit einer staatsrechtlichen Teilung gestellt.

Nun hängt die Übersetzung hinter der deutschen Fassung zurück und es wäre schön, wenn wir es möglichst bald translated bekämen. Ein bisschen können wir allerdings auch abwarten, ob es dazu kritische Anmerkungen gibt.

Grüße von Sven
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30 November 2004

Offener-Brief.de an Putin

An den russischen Präsidenten Wladimir PUTIN
und alle anderen Atomwaffenmächte

Sehr geehrter Herr Präsident,

Sie kündigten den Bau "neuartiger" Atomwaffen an, "die bei den anderen Atommächten auch in den nächsten Jahren nicht existieren werden." Angeblich handelt es sich um Waffen, die Sie gegen Menschen in 10.000 Kilometern Entfernung "unaufhaltbar" zur atomaren Tötung einsetzen können.

1. Was jemals könnte für Sie den Atomwaffeneinsatz rechtfertigen?

2. Mit wie vielen Toten rechnen Sie im Falle eines solchen Atomschlags?

3. Wie können Sie uns garantieren, dass der Schlagabtausch endet, bevor die Menschheit ausgelöscht ist?

4. Wie können Sie uns ohne Atomwaffenabschaffung garantieren, dass nicht Terroristen oder unberechenbare Staaten durch Korruption und Erpressung an solche Waffen gelangen?

5. Wie können Sie uns ohne Atomwaffenabschaffung garantieren, dass kein technischer Fehler die globale Vernichtung auslöst?

6. Wie können Sie uns ohne Atomwaffenabschaffung garantieren, dass Sie nicht irrtümlich den Befehl zum Anschlag auf die Menschheit geben? Und kennen Sie Ihre Nachfolger so gut, dass Sie ihnen solche Waffen anvertrauen?

7. Ist Ihnen bewusst, dass Sie aus dem Atomwaffensperrvertrag zur eigenen Atomwaffenabschaffung verpflichtet sind wie auch alle anderen Atommächte? Das ist die unabdingbare Gegenleistung für die atomwaffenverzichtenden Staaten!

8. Wie hoch schätzen Sie die weltweiten Kosten des atomaren Rüstens? Fehlen dadurch nicht Geist und Mittel zur Elendsbekämpfung?

9. Ist Ihnen bewusst, dass die Atomkriegsgefahr nur deshalb real ist, weil und solange wir Atomwaffen dulden?

Als nachdenkender Bürger Europas mit identischen Lebensrechten erwarte ich von Ihnen wie von jeder einsichtigen Regierung Tatkraft für die einzig realistische Alternative: Der UN-Sicherheitsrat soll Staat um Staat das Oberkommando über alle Atomwaffen beanspruchen, um sie schließlich aus der Welt zu schaffen und das Verbot zu überwachen.

Mit freundlichen Grüßen
Markus S. Rabanus - Berlin -
>> Diskussionsforum

Rot-Grüne Atompolitik

Mail an das Auswärtige Amt
und an epost@gruene-fraktion.de ; frabuero@spdfraktion.de

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich sehe die nachstehende Presseerklärung des Auswärtigen im Widerspruch mit der versprochenen Atomausstiegspolitik der rot-grünen Regierungskoalition.

1. Frage: Sieht sich die Bundesregierung außerstande, dem Iran eine alternative Energiegewinnung nahezulegen? Es hätte in der Presseerklärung zumindest angesprochen gehört.

2. Frage: Erkennt die Bundesregierung nicht, dass sie sich der Atomwaffenkumpanei verdächtig macht, wenn sie an der Seite von Atomwaffenstaaten gegen Nichtatomwaffenstaaten Verzichtserklärungen fordert, ohne einen Abrüstungsappell an die eigenen Verbündeten zu richten? Es hätte in der Presseerklärung zumindest angesprochen gehört.

Mit freundlichen Grüßen Markus Rabanus

Zitat: Bundesregierung begrüßt IAEO-Resolution zum iranischen Nuklearprogramm

Die Bundesregierung begrüßt, dass es heute nach schwierigen Gesprächen gelungen ist, im Gouverneursrat der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) im Konsens eine Resolution zum Nuklearprogramm des Iran zu beschließen. Kern der heutigen Resolution ist die Bestätigung des Generaldirektors der IAEO, dass alle anreicherungs- und wiederaufbereitungsbezogenen Aktivitäten des Iran in vollem Umfang ausgesetzt worden sind; die Beibehaltung dieser Suspendierung wird von den IAEO-Inspekteuren auch in Zukunft überprüft werden. Mit der vollständigen und andauernden Suspendierung sind die Voraussetzungen für Gespräche zwischen Großbritannien, Frankreich und Deutschland unter Beteiligung des Hohen Repräsentanten der EU sowie der Regierung des Iran über ein langfristiges Abkommen geschaffen. Dabei werden wir ein doppeltes Ziel verfolgen: Einerseits geht es um langfristige, objektive Garantien hinsichtlich der ausschließlich friedlichen Natur des iranischen Atomprogramms. Gleichzeitig wollen wir in einer Reihe von wirtschaftlichen, technischen und politischen Fragen Fortschritte erzielen, die den Weg zu konkreter Kooperation und Dialog eröffnen. Gemeinsam mit ihren EU-Partnern wird die Bundesregierung mit Entschlossenheit und in einem konstruktiven Geist in diese Gespräche gehen. Wir erwarten ein Gleiches vom Iran. Nur auf diesem Weg werden substantielle Fortschritte zu beiderseitigem Vorteil zu erzielen sein. Zitat-Ende

erschienen: Montag 29.11.04

12 Oktober 2004

Friedensnobelpreis 2004

Der Friedensnobelpreis 2004 wurde an die kenianische Vize-Umweltministerin Wangari Maathai verliehen.

Das Nobel-Komitee in Oslo begründete seine Entscheidung mit ihrem Einsatz für die Aufforstung in Afrika, für die Menschenrechte und Demokratie.
Maathai ist die erste Afrikanerin in der Geschichte des Friedensnobelpreises.

Kommentar: Es ist eine hohe Würdigung guter Zwecke, aber nur mittelbar ein "Friedenspreis".

-msr- >> Diskussion

Friedenspreis des Dt.Buchhandels 2004

Der ungarische Schriftsteller und studierte Mathematiker Péter Esterházy (53 J.) ist der 55. Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels.
Der Stiftungsrat erklärte: "Mit Péter Esterházy ehrt der Börsenverein einen Schriftsteller, der als eine weithin vernehmbare Stimme der Nachgeborenen die Zerstörung des Menschen durch Terror und Gewalt und seine Wiederauferstehung in Trauer und Ironie gestaltet." >> mehr

16 August 2004

Schadensersatz USA und Libyen für Terrorismus und Krieg?

Die Gaddafi-Stiftung fordert nach nun 18 Jahren von den USA Entschädigung für US-Luftangriffe von 1986 auf libyschen Städte Tripolis und Benghasi, bei denen 41 Menschen ums Leben kamen und mehr als 200 Menschen verletzt wurden.

Vergangene Woche einigten sich die Gaddafi-Stiftung und deutsche Opferanwälte auf eine Millionen-Entschädigung für die Opfer des Bombenanschlags auf die Berliner Discothek "La Belle" im April 1986 geeinigt. Die US-Angriffe erfolgten wenige Tage später als "Vergeltung".

Die damaligen Nachrichten erinnere ich so, dass die US-Luftwaffe Paläste von Gaddafi bombardierte. Auch Angehörige Gaddafis kamen dabei ums Leben.

Es spricht einiges dafür, dass die USA Gaddafi als den Drahtzieher des Terroraktes treffen wollten und nicht die Zivilbevölkerung.
Es spricht einiges dafür, dass Libyen zuvor in der Discothek gezielt bestimmte Personen töten wollte und nicht Zivilisten.

Es spricht aber ebenso alles dafür, dass sowohl Libyen als auch die USA bei ihren Gewalthandlungen auf das Leben von Zivilisten keine Rücksicht nahmen.

Ich bin deshalb der Ansicht, dass in Einzelfall-Prüfung der Opfer über eine Entschädigung nach zivilrechtlichen Kriterien verhandelt und entschädigt wird.

  • Diskussion
  • 14 Juni 2004

    Friedensgutachten 2004

    Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen Friedensgutachten 2004 herausgegeben von Christoph Weller, Ulrich Ratsch, Reinhard Mutz, Bruno Schoch und Corinna Hauswedell LIT Verlag Münster, 2004, 326 S., ISBN 3-8258-7729-9

    Frieden zu schaffen ist schwieriger als Krieg zu führen

    Vorstellung des Friedensgutachtens 2004 am 15. Juni 2004 vor der Bundespressekonferenz, Berlin Christoph Weller, INEF

    Frieden zu schaffen ist schwieriger als Krieg zu führen. Diese bittere Lehre des vergangenen Jahres war Anlass für uns, Friedensstrategien sowie verschiedene Friedensprozesse und ihre Krisen in den Mittelpunkt des Friedensgutachtens 2004 zu stellen.

    Angesichts der jüngsten Verwerfungen durch Kriegführung und Gewaltkonflikte scheint uns eine neue Aufmerksamkeit für vorsorgende und langfristig angelegte Friedenspolitik dringend geboten.
    In unseren Analysen setzen wir uns kritisch auseinander mit jenen vielbeschworenen Bedrohungen, welche die derzeitige sicherheitspolitische Debatte bestimmen: Dem Terrorismus, Massenvernichtungswaffen und dem Staatszerfall widmen sich die ersten drei Beiträge des diesjährigen Friedensgutachtens.

    Die drei genannten Gefahren sind jedoch nur ein Teil der heutigen globalen Bedrohungen. Will man wirkungsvolle Friedensstrategien entwickeln, muss der Blick geöffnet werden für alle Gefährdungen, die das Leben und Wohlergehen der Menschen bedrohen: Hunger und Armut, wirtschaftliche Ungleichheit und politische Ungerechtigkeit, konfliktverschärfende Gewaltökonomien, gewaltsame Vertreibungen, Epidemien, Ressourcenknappheit sowie die vielfältigen ökologischen Gefährdungen. Diesen kann die Staatengemeinschaft weder mit Krieg und Aufrüstung, noch mit neuen militärlastigen Sicherheitsstrategien zu Leibe rücken. Nötig sind vielmehr gemeinsame Anstrengungen für eine gerechtere Welt, die Stärkung des Rechts als wirkungsvolle Friedensstrategie, die Zurückweisung von Gewalt als Mittel der Politik und die Umsetzung nachhaltiger Friedensprozesse und -strategien. Diesen Themen widmen sich verschiedene Beiträge des diesjährigen Friedensgutachtens, etwa zum Konzept "Human Security", zu Geschlechterperspektiven in der Friedenskonsolidierung, zur Demobilisierung von Kindersoldaten oder der Friedensförderung durch das Völkerrecht.

    Mit dem Irak-Krieg hat die Vormacht des Westens das Völkerrecht grob missachtet und die Ressentiments in der islamischen Welt auf schreckliche Weise bestärkt. Die gesamte Region ist heute noch weniger stabil als vor dem Irak-Krieg, auch wegen der prekären Lage in Palästina.

    Der Bruch der Genfer Konventionen durch US-amerikanisches Militärpersonal im Irak hat dem Ansinnen vollends die Berechtigung entzogen, Demokratie mit militärischen Mitteln ins Werk setzen zu wollen. Der militärisch relativ leicht erzielte Sieg im Irak droht in eine schwere politisch-moralische Niederlage des Westens umzuschlagen.

    Der „Krieg gegen den Terrorismus“ und gegen die „Achse des Bösen“ hat die Welt nicht friedlicher, sondern unsicherer gemacht.

    Nach langwierigen Verhandlungen ist es dem UN-Sicherheitsrat nun gelungen, eine Irak-Resolution zu verabschieden. Nur unter dem Dach der UNO können Maßnahmen zur Deeskalation und Aufrechterhaltung einer im Irak auf absehbare Zeit notwendigen Sicherheitsgarantie glaubwürdig legitimiert und organisiert werden. Zugleich darf nicht in Vergessenheit geraten, dass durch den Irak-Krieg die Regeln des UN-Systems missachtet wurden.

    Die Reform des UN-Sicherheitsrats ist überfällig. Die entsprechende Initiative des Europarats verdient breite Unterstützung. In Europa sind sich Gesellschaften und öffentliche Meinung weitgehend einig in der Kritik an der Kriegsstrategie der Neokonservativen in Washington. Die Europäer vertrauen stattdessen weiterhin auf soft power: auf Diplomatie, ökonomische Anreize, nachbarschaftliche Kooperation und Rüstungskontrolle. Die dominante Ordnungsvorstellung der Europäer bleibt die fortschreitende Verrechtlichung der internationalen Politik. Und dieses Ziel bleibt richtig, auch in Zeiten, in denen Mächtige das Recht mit Füßen treten. Jede glaubwürdige Friedenspolitik muss durch ihr Vorgehen und die Wahl ihrer Mittel deutlich machen, worauf sie zielt.
    Missachtet sie Menschenrechte, Völkerrecht und humanitäre Grundregeln, wird damit nicht nur ihr Erfolg in Frage gestellt. Zugleich beschädigen die so handelnden Staaten die zu schützende Ordnung.
    Es gibt einen unstrittigen und nicht verhandelbaren Kern von Menschenrechten, auch beim humanitären Völkerrecht. Wo es abweichende Interpretationen gibt, ist zuallererst Verfahrenssicherheit und Verfahrensgerechtigkeit erforderlich. Die Einsetzung des Internationalen Strafgerichtshofs trägt dieser Einsicht Rechnung. Die USA müssen nach den Vorgängen im Irak erst Recht unter Druck gesetzt werden, ihre Ablehnung des Internationalen Strafgerichtshofs aufzugeben. Allerdings zeichnen sich auch die neue europäische Sicherheitsstrategie und die entsprechenden Passagen des Verfassungsentwurfes der EU durch eine militärpolitische Engführung aus: So wird Sicherheit von der EU als Voraussetzung für Entwicklung definiert, während die umgekehrte Blickrichtung unterbelichtet bleibt: Zentrale Ausgangspunkte für mehr Sicherheit sind aber die sozialen, ökonomischen und rechtlichen Entwicklungsprozesse.

    Das neue Sicherheitskonzept der EU verwischt zudem die Trennung zwischen zivilen und militärischen Instrumenten in der Krisenprävention. Vielmehr findet de facto eine Prioritätensetzung zugunsten militärischer Ressourcen und Kapazitäten statt; internationale Abrüstung gehört nicht zum strategischen Zielkatalog der EU.
    Diese Entwicklungen gehen in die falsche Richtung. Mit dem jetzt eingeschlagenen Weg steht die Europäische Union in der Gefahr, sich vom Modell einer Zivilmacht zu entfernen. Wir empfehlen den Verantwortlichen, statt sich bei den Details der ESVP im Gestrüpp von Industriekonkurrenz und nationalen Eigeninteressen zu verheddern, mehr auf die Fortentwicklung der GASP und die Imperative der Entwicklungspolitik zu achten. Die EU-Außenpolitik sollte sich auf ihre Stärken konzentrieren: wirtschaftliche Integration, Diplomatie, zivile Krisenprävention und Konfliktbearbeitung. Hier gibt es hoffnungsvolle Ansätze und neue Instrumente: etwa bei der Friedenskonsolidierung im Rahmen der internationalen Polizeimissionen auf dem Balkan. Wirtschaftsunternehmen müssen in Friedensprozesse eingebunden werden, Frühwarn-Instrumente müssen verbessert werden, zivil-militärische Kooperation bei Peace-keeping-Missionen muss neu justiert werden.

    Auch die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik bewegt sich gegenwärtig in einem Zwiespalt zwischen strategischer Vernunft und militärischem Ehrgeiz: Hier das entschiedene Nein zum Irak-Abenteuer der Bündnisvormacht, dort die beflissene Anpassung der Verteidigungspolitischen Richtlinien an die konzeptionellen Vorgaben der Allianz. Zu weltweiter Kriegführung fähige deutsche Streitkräfte, wie sie die Struktur- und Ausstattungsplanung des Verteidigungsministeriums vorsieht, sprengen den Verfassungsauftrag der Bundeswehr. Und sie beruhen auch auf keiner sicherheitspolitisch überzeugenden Bedarfsanalyse. Unseres Erachtens sollte sich die deutsche Seite stattdessen verstärkt darum bemühen, Streitkräftekontingente der EU für eine mobile und rasch einsetzbare Friedenstruppe bereitzustellen, die vom UN-Generalsekretär angefordert werden kann. Im Nahost-Konflikt ist ein verstärktes Engagement der Europäischen Union gefordert. Der Abzug Israels muss als verbindlich vereinbarte und geordnete Übergabe der Sicherheitskompetenzen und der Infrastruktur der Siedlungen an die Palästinensische Autorität erfolgen. Denn nur wenn im Gazastreifen ein Gemeinwesen entsteht, das selbst für Recht und Ordnung sorgen und Angriffe gegen Israel unterbinden kann, eröffnet sich die Chance, den Zirkel von Terror und Gegenterror zu durchbrechen und die von der Road Map anvisierte Zweistaatlichkeit wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Die im Herbst letzten Jahres entwickelte Genfer Initiative verdient eine aktive Unterstützung seitens der EU.

    Internationale Gewaltprävention bleibt häufig weit hinter den in sie gesetzten Erwartungen zurück. Eine der Ursachen hierfür liegt in der mangelnden Koordination. Wegen unterschiedlicher Interessen und Strategien lassen sich Staaten nur schwer auf ein gemeinsames Vorgehen festlegen. Staatliche Maßnahmen sind nur schlecht oder gar nicht mit den Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen verzahnt. Selbst zwischen den Ministerien eines Staates kann es Koordinationsprobleme geben. Deshalb begrüßen wir, dass die Bundesregierung im Mai diesen Jahres einen Aktionsplan "Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung" verabschiedet hat. Diesem Schritt in die richtige Richtung müssen weitere folgen. Um zivile Krisenprävention substanziell zu stärken, muss der Bundestag zusätzliche Haushaltsmittel hierfür bereitstellen. Eine große Schwäche des Regierungsdokuments liegt darin, dass seine 161 Aktionen vornehmlich daran ausgerichtet zu sein scheinen, keine Kosten zu verursachen.

    Wer ernsthafte Krisenprävention betreiben will, dem muss sie auch bei den Haushaltstiteln etwas wert sein. Strukturelle Konfliktursachen abzubauen ist der langfristig wirksamste Beitrag zur Verbesserung globaler Sicherheit. Dies macht weder militärische Maßnahmen als ultima ratio in akuten Notlagen überflüssig, noch die notwendige Vorsorge obsolet, um terroristische Bedrohungen abzuwehren und die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu unterbinden.

    Eine umfassende Friedensstrategie orientiert sich an Sicherheit und Wohlergehen aller Menschen und leitet zum Handeln an, bevor Ordnungen zerfallen, Faustrecht, Selbstjustiz und Vergeltung die Oberhand gewinnen oder Menschen ihrer Lebensgrundlagen beraubt werden. Mehr denn je ist es heute an der Zeit, eine solche Umorientierung für eine internationale Friedenspolitik voranzutreiben.

    Zeitgleich mit dem Friedensgutachten erscheint in diesem Jahr erstmals eine Handreichung "Friedensgutachten 2004 – didaktisch". Dieses 24-seitige Heft wendet sich an Multiplikatoren der Jugend- und Erwachsenenbildung, vor allem an Lehrerinnen und Lehrer. Es wurde in Zusammenarbeit mit Autorinnen und Autoren sowie den Herausgebern des Friedensgutachtens von Günther Gugel und Uli Jäger vom Institut für Friedenspädagogik Tübingen erstellt und ist sowohl als Broschüre wie auch im Internet verfügbar (www.friedenspaedagogik.de/themen/aktuell/top_aktu.htm).

    Wir haben gestern das Friedensgutachten 2004 dem Präsidenten des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse, überreicht. Er wird es dem Verteidigungsausschuss, dem Auswärtigen Ausschuss und dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur weiteren Diskussion empfehlen. Es ist das Interesse unserer Forschungsinstitute, auf diesem Wege auch den Dialog mit dem Parlament über Friedenspolitik und Friedensstrategien zu intensivieren.

    Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) Universität Duisburg-Essen / Campus Duisburg www.inef.de www.friedensgutachten.de

    16 April 2004

    BITS: Pentagon-Berater empfehlen Entwicklung neuer chemischer Waffen

    Das Defense Science Board, eines der einflussreichsten Beratergremien des Pentagons, empfiehlt die Entwicklung von betaeubenden Gasen als strategische militaerische Waffe gegen die die Fuehrer von "Schurkenstaaten" und Terroristen. Die sogenannten "calmatives" - Betaeubungsmittel oder andere psychoaktive Drogen - können sowohl fuer den gezielten Angriff auf Einzelpersonen als auch fuer den Einsatz gegen Menschenmengen genutzt werden. Je nach Dosierung koennen sie auch eine toedliche Wirkung haben, wie im Herbst 2002 der Einsatz beim Moskauer Theater-Geiseldrama zeigte.

    In einem juengst veroeffentlichten Bericht zu den "Kuenftigen Strategischen Offensivkraeften" der USA, der eine Vielzahl kuenftiger Technologien fuer nicht- nukleare Angriffsoperationen diskutiert, machen die Pentagon-Berater den Vorschlag: "Calmatives might be considered to deal with otherwise difficult situations in which neutralizing individuals could enable ultimate mission success." Der Bericht befuerwortet mit grosser Deutlichlichkeit, dass "das Ziel eines Angriffes auf die Führungen von Schurkenstaaten oder Terroristen die Tötung der Führungspersonen" sowie die "Enthauptung der Regime" sei.

    Die Chemiewaffenkonvention (CWC) von 1993 verbietet jedoch jegliche Art von chemischen Waffen, ob nun toedliches Nervengas oder Betaeubungsmittel. "Wenn die US-Regierung den Einsatz solcher Chemikalien zur Bekaempfung von Fuehrungen wirklich in Betracht ziehen sollte, wird das eine mehr als kontroverse Angelegenheit." sagt Otfried Nassauer, Leiter des Berliner Informationszentrums fuer Transatlantische Sicherheit (BITS), einer unabhaengigen sicherheitspolitischen Forschungseinrichtung. "Die Auswirkungen auf die Chemiewaffenkonvention waeren katastrophal, wenn das Ganze nicht sogar zum Alptraum fuer die ganze Nichtverbreitungspolitik wuerde."

    Alle chemischen Waffen - ob toedlich oder nicht-toedlich - sind durch die Chemiewaffenkonvention aus dem Jahre 1993 voelkerrechtlich verboten. Das Defense Science Board ist sich des Problems bewusst und spricht davon, dass die "voelkerrechtlichen Implikationen signifikant" waeren, wenn die USA neue chemische Waffen fuer strategische Einsatzszenarien entwickeln. Die Berater empfehlen trotzdem, dass das fuer die Erforschung nichttoedlicher Waffen zuständige Joint Non-Lethal Weapons Directorate (JNNLWD) "seinen taktischen und operativen Focus erweitern" und "strategische Anwendungsmoeglichkeiten und rechtliche Implikationen" erwägen solle.

    Im Kontext seiner offenen Befuerwortung von Angriffen auf gegnerische Fuehrungspersoenlichkeiten legt der Bericht dem Pentagon eher nahe, ueber eine Aushoehlung und Schwaechung der CWC nachzudenken. "Die Regierung in Washington wird praktisch aufgefordert, einen weiteren Ruestungskontrollvertrag anzugreifen, nur weil bei den Militaers das Interesse an chemischen Waffen wieder neu erwacht ist", meint Jan van Aken, Sprecher des Sunshine-Projektes in Deutschland.

  • BITS.de
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