23 Dezember 2005

Iran auf dem Uran-Trip

"Das iranische Volk wird den Anspruch auf Atomenergie bis zum letzten Blutstropfen verteidigen", sagte Ahmad Chatami beim Freitagsgebet auf dem Campus der Universität Teheran.

Wozu braucht es dann noch Atomenergie, wenn das iranische Volk dafür "bis zum letzten Blutstropfen" streiten soll?
Das ist die Logik wirklicher Extremisten, unsinnig von A bis Z "aus Prinzip". Und obendrein gelogen, denn "das iranische Volk" will ganz sicher noch weniger für Atomkraftwerke als durch Atomkraftwerke sterben.

Der Iran hat genug Öl für Jahrhunderte, wenn es nicht an die vermeintlichen Feinde verkauft wird. Auch darum lohnt "der letzte Blutstropfen" nicht.

Und Chatami irrt schließlich, wenn er glaubt, dass der Iran einen "Anspruch auf Atomenergie" habe, denn das Spiel mit dem Feuer des Atoms gehört erst recht nicht in die Hände von Idioten, die für die Uran-Anreicherung ihren letzten Blutstropfen zu geben versprechen oder gar Strolchen, die andere Staaten auslöschen wollen.

Chatami wurde vor einer Woche vom geistlichen Oberhaupt Irans, Ayatollah Ali Chamenei, zum "Obersten Imam der Freitagsgebete in der Hauptstadt" ernannt.
Der Titel klingt religiös, aber die Gebete der Teheraner Geistlichen verkamen zu permanenten Hasstiraden gegen andere, so dass der Job wohl eher dem Posten eines Regierungssprechers der übelsten Sorte vergleichbar ist.
Das verkorkste Freitagsgebet war sozusagen Chatamis Einstand, Aufruf zum Djihad für die Atomenergie als neues Glaubensbekenntnis. Davon steht zwar nichts im Koran, aber bei politischem Bedarf entwickelt sich noch jede Religion weiter, auch wenn sie weiterhin steinigen will.

Zugleich zeigt das Teheraner Freitagsgebet, dass der iranische Präsident Ahmadinejad längst nicht das einzige Problem Irans ist. Zehntausende sind zu Kamikaze-Marionetten des Wahns geworden, in den sich die religiösen Führer nur deshalb so weit verirrten, weil "der Westen" mit doppelmoralischer Politik den Extremismus in den Verliererregionen begünstigt und mit "Motherbombs" nicht ausknipsen kann.

Wer die Verhältnisse bessern will, der muss die eigene Doppelmoral abschaffen und mit den "bösen Regierungen" so sauber sprechen, dass es auch die Menschen hinter diesen Regierungen verstehen, denn die Tyrannen sind nie in der Mehrheit und würden sich fügen, wenn die Mehrheit uns glauben könnte und dürfte. Aber das liegt dann auch an uns: Ob unsere Regierungen die besseren Argumente haben oder nur die besseren Waffen.

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Im Gedenken an meine iranischen Kommilitonen, die mir einst Kummer machten, als sie sich gegenseitig für die "wahre Revolution" umbrachten. Was wurde aus Persien? Was wurde aus den Träumen? Zu Blut und Tränen wurden sie, weil man Waffen für die besseren Glaubensargumente hielt.

-markus rabanus- >> Diskussion